Als
Prediger sehe ich häufig die eine Seite, nämlich wie die Predigt
vorbereitet wird und wie sie rübergebracht wird. Manchmal ist es
dann nicht ganz einfach, ein guter Predigthörer zu sein. Ich kenne
den täglichen oder wöchentlichen Kampf mit dem Text, der als
nächstes gepredigt werden soll, nur zu gut; und die Gefahr besteht
dann, dass man bei anderen Predigern vor allem da sitzt und ihre
Predigt „bewertet“ („was hätte ich anders gemacht?“, etc.)
Ich weiß aber, dass es für jeden Predigthörer eine Herausforderung
ist, die sonntägliche Predigt so zu hören, dass sie tatsächlich im
Kopf, im Herzen und in den Händen landet. Deshalb ein paar
Überlegungen, wie wir das möglichst gut machen können.
1.
Zu Hause lassen, was zu Hause bleiben soll
Eine
häufige Ablenkung besteht in den Gedanken, die uns an alles Mögliche
erinnern, was noch zu tun ist. Der Aufbruch in die Gemeinde wird zu
einem hektischen Erlebnis, wenn Kinder dabei sind, die zur bestimmten
Zeit bereit sein müssen. Trotzdem tun wir gut daran, eine Strategie
zu entwickeln, wie wir möglichst das zu Hause lassen können, was zu
Hause bleiben soll. Hier muss jeder den Weg finden, der am besten
passt. Das ist ein Punkt, an dem ich auch immer am Üben bin.
2.
Für ein offenes Herz und offene Ohren beten
Die
Predigt ist Gottes Wort an die Gemeinde. Der Prediger ist Gottes
Prophet, der Gottes Wort auslegt und an Gottes Volk weitergibt. Wir
können keine zu hohe Sicht von der Bibel und keine zu hohe Sicht von
der Predigt haben. Einen Teil des Gewinns, den wir von der Predigt
haben, hängt damit zusammen, wie wir die Predigt empfangen. Deshalb
tut es uns gut, wenn wir Gott bitten, unser Herz zu verändern durch
diese Predigt. Auch wenn wir den Text der Predigt schon häufig
gehört und gelesen haben, dürfen wir jedes Mal von Neuem etwas von
Gott empfangen.
3.
Die Predigt als Dialog sehen
Als
ich meine ersten Predigten vorbereitet hatte, durfte ich schon sehr
früh in Gemeinden als Gastprediger predigen. Ich war sehr aufgeregt;
schließlich wollte ich alles richtig machen. Mein Problem war, dass
ich mich dabei so an mein Predigtmanuskript klammerte, dass die
Predigt über die Gemeinde „hinwegflog“. Dort habe ich den Tipp
bekommen, etwas freier zu predigen. Nach und nach habe ich gelernt,
dass die Predigt ein Dialog mit den Hörern ist. Ich sehe, wenn etwas
unklar ist und noch besser ausgeführt werden muss, an den Gesichtern
der Hörer. Oder wenn etwas Auflockerung gut tut. Heute habe ich viel
mehr Freiheit, denn ich weiß, was ich sagen will. Auch als Hörer
tun wir gut, die Predigt als Dialog zu sehen. Nicht in dem Sinne,
dass wir die Predigt unterbrechen müssen oder etwas dazwischen
rufen. Ok, das darf auch mal sein, aber worum es mir geht, ist, dass
wir die Predigt aktiv aufnehmen, an den Lippen des Predigers hängen
und das Gesagte gleich in uns aufzunehmen versuchen.
4.
Notizen - ja oder nein?
Das
ist eine gute Frage, die jeder für sich selbst beantworten muss. Es
gibt gute Gründe dafür und dagegen. Dagegen spricht, dass der unter
3. genannte Dialog durch das Notieren unterbrochen wird. Dafür
spricht, dass man mehr Wissen ansammeln kann, was etwas Gutes ist.
Wer genug Zeit hat, dem empfehle ich, Notizen erst beim Nachhören
der Predigt von CD oder MP3 online zu machen. Dann ist die Predigt an
sich nämlich ein prägendes Erlebnis der ganzen Gemeinde, das
einzelne Detailwissen kommt durch das Nachhören trotzdem zustande.
Wer dafür keine Zeit hat, kann sich Notizen während der Predigt
machen, muss es aber nicht. Wichtig ist, dass jeder durch seine
Methode sagen kann: Das ist mein Weg, der mich am besten näher zu
Gott bringt. Ich persönlich habe in der Predigt keinen Notizblock,
sondern schlage die Bibel mit auf, und wenn mir etwas wirklich ganz
wichtig wird, dann schreibe ich in die Bibel an den Rand ein oder
zwei kurze Stichworte.
5.
Den „roten Faden“ oder „Skopus“ finden
In
der Predigtlehre spricht man vom „Skopus“ einer Predigt. Der
Skopus ist im Prinzip eine Minimalfassung der ganzen Botschaft der
Predigt in einem kurzen Satz. Manche Prediger wiederholen diesen
Skopus mehrmals in der Predigt, andere haben leider gar keinen
solchen bewusst ausgearbeitet. Aber die Frage sollte immer sein: Was
ist der „rote Faden“ der ganzen Predigt? Wie kann man diesen in
wenigen Worten zusammenfassen? Leider muss man auch da sagen, dass
manche Predigten gar keinen solchen haben. Dann muss man diesen Punkt
überspringen und beim nächsten Punkt weitermachen.
6.
Nach der praktischen Umsetzung der Predigt suchen
Nun
stellen wir die Frage, wohin Gott mit dieser Predigt abzielt. Was
soll an uns anders werden? Worin sollen wir wachsen? Was können wir
davon ganz praktisch und möglichst sofort umsetzen? Auch hier gibt
es ganz unterschiedliche Predigten; vermutlich ist das ein Punkt, an
dem die meisten Prediger zu kämpfen haben, vom Wissen zum Tun zu
kommen. Mir geht es jedenfalls häufig so. Auch die ganz „trockenen“
Predigten – so schade es ist, dass es sie gibt – beinhalten
zumindest in den Bibeltexten Hinweise zur praktischen Umsetzung. Wenn
der Prediger daran nicht genügend gearbeitet und mit dem Text
gerungen hat, muss es der Predigthörer leider selbst tun.
7.
Weiter über die Predigt nachdenken und beten
Die
Predigt ist mit dem „Amen“ nicht zu Ende. Im Gegenteil: Das
Wichtigste hat gerade eben erst begonnen. Sie will uns in die neue
Woche hinein begleiten. Unser Auftrag ist es, auch gerade jetzt nach
Gelegenheiten Ausschau zu halten, um die Predigt umsetzen zu können.
Betend reflektieren wir das Gehörte, vielleicht auch gemeinsam in
der Familie, im Hauskreis, und so weiter, und lassen Gottes Wort auf
diese Weise reichlich unter uns wohnen, uns verändern und unser
tägliches Tun und Reden beeinflussen.
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