Wer
meinen Blog regelmäßig liest, weiß, dass ich hin und wieder etwas
für das Leben und gegen die Abtreibung schreibe. Oft bekomme ich als
Antwort, dass ich als Mann dazu nichts zu sagen hätte. Jutta hat
sich nun bereit erklärt, einen Gastbeitrag zu schreiben, in welchem
sie zu ihrer Abtreibung und deren Folgen, aber auch zum Weg der
Heilung von dieser Entscheidung berichtet. Ich habe sie gebeten,
zunächst etwas über sich selbst zu schreiben, damit wir ihren
Hintergrund besser verstehen können. Vielen Dank für den mutigen
und offenen Bericht, Jutta!
Ich
bin seit ca 5 Jahren im Glauben, mit anfangs noch einigen
Ausrutschern in die feministische Theologie.. und bin auch momentan
ohne Gemeinde. Das aber ist ein anderes Thema. Ich tendiere aber eher
zu den Brüdergemeinden und einer sehr nüchternen, "strengen"
Auslegung ... die aber, wie ich mittlerweile glaube, tatsächlich
daher rührt, dass ich so lange in der Welt gelebt habe, nämlich
knapp 47 Jahre .. und ziemlich genau weiß, was die Welt mit einem
macht ... das konnte ich ja nun an mir beobachten und auch an
anderen. (Vor allem was das leidige Thema „Musik“ betrifft .. und
die Gefahren, die moderne Musik mit sich bringt.)
Ich
war in meinem "früheren" Leben, in dem die Abtreibung
stattfand, Schauspielerin. Richtige, ausgebildete Schauspielerin und
habe auch einige Engagements gehabt, konnte tatsächlich eine Zeit
lang von dem Beruf leben, was nicht selbstverständlich ist. Zur ganz
großen Karriere, obwohl man mir die mehrmals prophezeit hat, kam es
nie. Ich war schön, süß, auch begabt - sicher nicht brillant,
hatte aber doch das gewisse Etwas, das Geheimnisvolle. Das haben mir
vor allem auch die weiblichen Kollegen bestätigt – ganz wichtig!
Denn Männer sind sehr unzuverlässig in der Beurteilung von Frauen,
da in dieser Branche, ebenso wie in der Musik, alles selber schuld
ist, was nicht bei drei auf den Bäumen ist ... und der Sinnenrausch
erfasst einen ... unterstützt durch Drogen und Alkohol, vorwiegend.
Ich
war süchtig nach Leben - aber sehr gehemmt - süchtig nach großen
Erlebnissen - aber viel zu langweilig und normal und vernünftig um
in die völlig "abgefahrenen" Kreise aufgenommen zu werden.
Ich hatte zu nichts eine wirkliche Beziehung. Ich war eine schöne,
leblose Maske. Das ist die eine Hälfte. Gleichzeitig war da
natürlich, wie bei jedem Menschen, egal ob Mann, Frau oder Kind ...
die Sehnsucht nach Liebe. Nach Angenommen werden. Nach Zuhause. Ich
war auch sensibel, fürsorglich, feinfühlig, kontaktfreudig,
neugierig, interessiert an Menschen, an Philosophie ...
Ja,
ich bin ohne Gott aufgewachsen. Aber meine Eltern sind für meine
Entscheidung nicht mitverantwortlich zu machen. Ihre Erziehung ist
nicht verantwortlich für meine Entscheidung damals. Ja, wir hatten
kein gutes Verhältnis. Aber meine Eltern sind seit über 57 Jahren
verheiratet und das die größte Zeit glücklich. Sie nehmen einander
bedingungslos an und sind gemeinsam durch alles durchgegangen. Es war
ganz allein meine eigene Entscheidung damals ... und wer weiß, hätte
ich über meinen Schatten springen können damals .. vielleicht hätte
ich das Kind bekommen. Allerdings war ich in keiner festen Beziehung,
ich hatte, was man so landläufig eine Affäre nennt, und eine
zweite, parallel dazu, bahnte sich an. Denn ich wusste ja, dass die
Affäre, die ich hatte und der letztendlich der Vater des Kindes war,
wie ich nach längerem Überlegen doch herausgefunden habe, sich von
seiner damaligen Freundin nicht trennen würde. Das hat er mir ganz
deutlich zu verstehen gegeben, als wir diese Liebelei begannen. Naja,
Frauen denken ja dann oft: ich schaff das schon, dass er sich ganz zu
mir bekennt ... und hoffen und hoffen ...
Ich
betrieb das, was die Bibel Hurerei und Unzucht nennt. Nicht wahllos
... es gab auch lange Zeitabschnitte, in denen ich allein war und das
auch gut aushalten konnte ... aber ich hatte nie eine gesunde
Sexualität. (Also, es gab keine Verdrehtheiten, letztendlich, was
ich damit sagen will, mit gesunder Sexualität ist: dass ich meiner
Begierde sofort nachgegeben habe und der des Mannes, in der Regel.
Wobei es die Frau ist, die aussucht .. wenn es normal läuft und wenn
sie das Signal gibt .. auf welch geheimnisvolle Weise das auch immer
ablaufen mag, kommt der Stein ins Rollen.) Auch das hat nur mit mir
zu tun, mit meinen Anlagen, mit meiner eigenen Schändlichkeit und
nichts mit der Erziehung. Denn meine Eltern haben mir ja eine treue
Ehe vorgelebt.
Als
ich schwanger war, habe ich das die ersten zweieinhalb Monate aber
gar nicht registriert. ich hatte damals kein gutes Verhältnis zu
meinem Körper, und dass die Regel ausblieb, das habe ich gar nicht
so bewusst wahrgenommen, bis es mir dann doch merkwürdig wurde...
Damals lebte ich in einer Einzimmerwohnung, hatte die Ausbildung
abgeschlossen, war bei einer renommierten Schauspielagentur, die mich
vermitteln sollte ... und lebte von Arbeitslosenhilfe. Alle
Bewerbungen und Versuche, an Arbeit zu kommen, waren fruchtlos
gewesen. Meinen Liebhaber habe bei den ersten Dreharbeiten, die ich
in meinem Leben erlebt hatte, kennengelernt. Als Hauptrolle. Er hat
nie erfahren, dass ich schwanger war.
Es
gab dann noch - heute würde ich behaupten wollen, dass GOTT mir
damit einen Ausweg zeigen wollte, ich war aber zu verstört, um
dieser Frau, die mir auch wenig seltsam erschien ... zu vertrauen.
Sie hatte mir angeboten - sie traute mir auch etwas zu ... sie fand
meine Begabung, auch sprechtechnisch für entwicklungsfähig und sie
hatte ein sehr feines Ohr - mir zu helfen. Ich solle das Kind
bekommen und dann würden wir weitersehen.
Ich
sehe uns noch in ihrer kleinen Küche sitzen, in ihrer Wohnung, die
ziemlich überfüllt war - eine kultivierte, leise und doch etwas
seltsame Frau ... wie ich ihr das alles erzähle … Ich wünschte
heute, ich hätte diese Hilfe angenommen. Es hätte einem Menschen
das Leben gerettet und es hätte für mich bestimmt auch andere
Arbeit gegeben, als die der Schauspielerin, denn wirklich geeignet
war ich ohnehin nicht - mir fehlte dieser "Killerinstinkt",
dieser unbedingte Ehrgeiz es zu schaffen. Ohnehin liebte ich das
Theater und wollte mithelfen, die Welt zu verändern. Der Welt einen
Spiegel vorhalten. Das Katharsiserlebnis.
Heute
weiß ich, dass das niemals funktioniert und dass auch Brecht sich
getäuscht hatte, als er sein episches Theater "erfand" ..
um die Welt und die Gesellschaft zu erziehen, verändern,
aufzurütteln. Brechts Lieblingslektüre - so habe ich es mal gelesen
- war die Bibel. Er hat auch Stücke geschrieben ... die den Menschen
besser machen sollten .. aber er ist gescheitert. Die Synthese aus
Bibel und Theater funktioniert nicht.
Ich
wollte zwar mithelfen, die Welt zu verändern, bin aber selbst
tragisch daran gescheitert, mein eigenes Leben auf die Reihe zu
bekommen, und habe mich - nachdem ich aufgrund meines Unwohlseins und
meiner Irritation endlich den Ganz zum Frauenarzt gewagt habe - fast
ohne Gefühl, bzw. mit dem Gefühl der Hilflosigkeit, des
Überfordertseins, des Ärgers - zur Abtreibung entschieden .. ich
musste mich schnell entscheiden - auch damit war ich überfordert,
denn ich war schon in der 10. Woche. Und Abtreibungen sind ja nur bis
zur 12. Woche erlaubt. Und wir hatten verhütet ... zu der Zeit habe
ich keine Pille genommen ... aber es gibt ja noch andere
Möglichkeiten … Hätte ich noch etwas gewartet ....
Ich
bin dann zum vorgeschriebenen Termin bei Pro Familia ... konnte
glaubhaft machen, dass ich mit dem Vater keine Beziehung habe, auch
nicht will ... das Kind ohne Vater ... usw .. wenn ich das jetzt
schreibe, kommt mir das ungeheuer kaltblütig vor .. was es ja auch
war. Anstatt die Konsequenzen anzunehmen .. war ich bereit lieber zu
töten, als zu riskieren, das Kind ohne Vater zu bekommen, und zu
haben ... und es wäre ja auch möglich gewesen, noch jemanden
kennenzulernen … Und dann ging alles ganz schnell ... ich habe dann
sofort einen Termin in der Klinik bekommen .. meine damalige Agentur
und Schauspiellehrerin haben mich "beglückwünscht" dass
ich eine "vernünftige Entscheidung getroffen habe ... eine
damalige gute Bekannte, die, wie ich später erfahren habe, drei
Abtreibungen hinter sich hat, und ich war wie gefühllos ... ich habe
wirklich gar nichts gefühlt. Weder Erleichterung noch Trauer.
Schmerzen hatte ich - wie es mir schien - nur körperliche.
Danach
verlief das Leben wie immer. Ich habe nicht eine lange,
funktionierende Partnerschaft erlebt, geschweige denn eine Ehe. Ich
habe keine Kinder. Ich bin aber auch nie wieder schwanger geworden -
ich habe mir dann später die Spirale einsetzen lassen. Weil ich
diese Hormone der Pille nicht mehr wollte. Heute weiß man, dass mit
Pille und Spirale auch so etwas wie Abtreibungen stattfinden ... das
ist dann der Empfängnisschutz. Wobei ich sicher bin, dass es
natürliche Empfängnisverhütungsmittel gibt ... und die
Temperaturmessmethode kann auch funktionieren. Allerdings ist man
dann halt weder allzeit bereit noch allzeit verfügbar.
Ich
bin absolut sicher, dass meine Depressionen - wobei ich schon immer -
trotz aller Lebensgier - ein doch auch sehr nachdenklicher Mensch
gewesen bin, kompliziert, hochsensibel - meine Selbstmordgedanken,
meine Lebensangst ... vielleicht nicht ursächlich vom
Schwangerschaftsabbruch, also der Tötung meines Kindes herzuleiten
sind, aber die Anlage dazu massiv verstärkt wurde. Was mich davon
überzeugt hat, dass wir, vor allem die Frauen, im tiefsten Inneren
wissen, dass es Mord ist und etwas zutiefst Verbotenes und
Abscheuliches, ist, dass wenn man jemandem von der Vergangenheit
erzählt, diese Sache meistens verschweigt. Ich habe eine gute
Bekannte verloren, weil ich es ihr erzählt habe. Auch noch einer
Frau, die unbedingt ein Kind wollte, aber keines bekommen konnte ...
ich wollte aber nichts verschweigen ...
Selbst
(oder vor allem?) Mitchristen konnte ich davon kaum erzählen, aus
Angst verurteilt zu werden und eine nicht vergebbare Sünde begangen
zu haben. Interessanterweise hatte ich weniger Angst vor GOTT als vor
den Menschen. GOTT hat mich durch die Trauer geführt und ER weiß,
dass ich wirklich, zutiefst und lange getrauert habe. In meiner
Vorstellung wäre es ein Mädchen gewesen, mit lockigen braunen
Haaren, darin hätte es seinem Vater geähnelt.
Als
ich dann eine Weile im Glauben war, begann mich die Frage zu bewegen:
wo ist mein Kind jetzt ? Ist es im Himmel, ist es verdammt aufgrund
dessen, was ich, die Mutter, zu verantworten habe. Was wird der Herr
Jesus mir sagen, wenn ich dereinst mal vor IHM stehe .. werde ich das
Kind kennenlernen, welches Alter wird es haben, in welchem Zustand
werde ich es antreffen ... ? Ich habe dann von Norbert Lieth einen
Vortrag gesehen, und ich denke, es ist im Himmel, beim Herrn. Es ist
gut aufgehoben ... aber ich habe mir durch eigene Schuld ein Glück
und eine Wachstumsmöglichkeit genommen... und eine Aufgabe zu
erfüllen, die mir wohl durchaus zugedacht war. Mutter zu sein.
Ich
habe ganz lange nichts mit Kindern zu tun haben können .. und in der
Gemeinde, in der ich doch eine längere Zeit war, die viele Kinder
hat ... fiel mir das sehr schwer. Erst habe ich gedacht, weil ich
Lärm nicht gut vertrage und Durcheinander ... und wirklich sehr
schnell überfordert bin ... das hätte nur damit zu tun. Aber es ist
ja so, dass, wenn man spät zum Glauben kommt, viel aufzuarbeiten hat
im Licht der Bibel. Und ich hatte keinen Seelsorger, der mich
aufgefangen hätte ... so hat vieles wahrscheinlich auch länger
gedauert und ich habe auch bestimmt vieles erst sehr langsam
verstanden ... überhaupt bin ich sehr langsam und auch eine sehr
langsame Bibelleserin ... ich habe immer die neuen Christen beneidet,
die zum Glauben kamen, flugs die Bibel gelesen und verstanden und
entweder - als Mann - sofort gepredigt habe - oder als Frau tausende
"Werke" in Angriff genommen …
Da
hinke ich absolut hinterher. Ich habe genug damit zu tun meinen
Alltag auf christliche Art und Weise zu bewältigen (Gal 5, 22) ..
diese "Werke" zu tun .. zu erkennen, wo und wie ich Zeugnis
geben kann … Und im Zuge dessen, habe ich gemerkt, als ich die
Abtreibung aufgearbeitet habe, dass ich diese Scheu vor Kindern,
diese Angst, mit diesem Erleben zu tun hatte. So langsam lässt das
nach. Ich liebe Kinder. Ich kann nach wie vor (wir haben hier, wo ich
wohne , viele Kinder) den Lärm schlecht ertragen ... bin nach wie
vor schnell überfordert ... aber trotzdem ist es anders geworden,
seit der Herr Jesus mein Heiland ist.
Wie
viele Frauen wurden grade von Christen im Stich gelassen, weil sie
schwanger wurden .. unverheiratet ... aus Unvorsichtigkeit,
Leichtsinn ... und es gab ja damals vor allem die christlichen
Grundsätze, nachdem ja auch - wenn ich das richtig überblicke -
unser Grundgesetz gestaltet ist. Frauenhäuser wurden gebaut, damit
diese Frauen ihre Kinder bekommen konnten ... denn Abtreibung, die es
zwar gibt, seit es Menschen gibt ... war ja damals verboten und wurde
vom Staat bestraft. Ja, sie muss auch "bestraft" werden ...
die Frage ist eben nur wie.
Eines
weiß ich auf alle Fälle: keine Frau macht es sich einfach mit
dieser Entscheidung ... auch wenn es so wirken mag ... selbst wenn
die Ausrede auch ist: kein Geld, Karriere.. usw … Dass dies alles
so fabrikmäßig abläuft in unserer modernen, westlichen,
sogenannten zivilisierten Welt, ist, denke ich, mit ein Erbe, dass es
hier gelingt, den Menschen immer mehr zu entmenschlichen.
Ihn
zu reduzieren auf: Steuerzahler. Erfolgreich. Studium. Eigenes Haus.
Schicke Frau. Schicker Mann. Erstmal das Leben genießen. Kinder ?
OH, zu anstrengend, Dann kann ich nicht in Urlaub fahren, nicht mehr
machen was ich will.
Wo
und wie werden die Mütter, die auf so vieles verzichten, geehrt ?
Was bleibt am Ende eines tätigen Mutterlebens übrig, wie soll eine
Mutter von der Rente, die ihr zusteht, eben weil sie Kinder
aufgezogen hat, anständig leben ?
Überall
grinst einem die "Sexyness" von den Plakaten an ..
Lüsternheit allüberall ... und wenn es ein Problem gibt ... hat man
für alles eine Lösung? Kein Wunder, dass diese unsere Gesellschaft
nicht respektiert wird ... und die Christen viel zu wenig und zu
handzahm sind. ( Davon nehme ich mich nicht aus. )
Was
kann man tun?
Die
Geschichte von Jesus erzählen, dass ER uns alle liebt .. und dass
auch die Frau geliebt ist, die versagt hat, dass das werdende Leben
gewollt ist und geliebt wird ... dass jemand da ist der beisteht,
dass finanziell und wohnungsmäßig gesorgt wird .. aber auch eine
konsequente Aufarbeitung, wie eine solche Entscheidung entstehen
konnte .. . und auch den WERT des Lebens aufzeigen. Das biblische
Bild von Sexualität und Ehe klar aufzeigen und bewusst machen, dass
Sexualität etwas sehr Kostbares ist ... und von GOTT keinesfalls
verboten .. dass aber in der Ehe die Sexualität am Besten aufgehoben
ist. Frauen bewusst machen, wie billig sie sich machen, wenn sie
sofort mit einem Mann ins Bett gehen und sich überreden lassen so
nach dem Motto: wenn du mich liebst .. Männer, die so reden, taugen
nicht viel. Das müssen Frauen endlich kapieren und nicht so
größenwahnsinnig sein und meinen: sie würden den Mann heilen,
retten, eines Besseren belehren usw …
Klarmachen,
wie eine Abtreibung das Kind tötet ... dass es wirklich gefoltert
wird, im Mutterleib, und dass es lang dauert, es klammert sich ans
Leben .. es ist kein Zellhaufen, es hat schon Bewusstsein! Im Buch
von Lothar Gassmann gibt es Bilder dazu ... grauenhaft. Aber das darf
nicht verschwiegen werden, denn irgendwann findet man das sowieso
heraus …
Man
kann aber keine Frau überreden, ihr Kind zu bekommen und Liebe kann
ebenso wenig verordnet werden ... Und mittlerweile gibt es
glücklicherweise viele säkulare Psychologen, die ebenso die
Gefahren und Spätfolgen einer Abtreibung aufzeigen können.
Wie
ich trotz dieser Entscheidung heil geworden bin?
Nun,
das war der Schritt zu lernen, dass GOTT mich ganz und gar angenommen
hat, so wie ich bin ... dass ich aber nicht so bleiben kann, wie ich
bin. Dass ER mich verändern muss und dass ich dazu ja sagen muss …
Es geht ja auch darum, beten zu lernen ... zu benennen, was
ist .. nicht nur zu sagen: ach, der HErr weiß ja, dass es mir leid
tut, es reicht wenn ich das denke ... ER weiß ja alles ... und da
fing ich dann an, mich mit meiner Vergangenheit auseinanderzusetzen
... im Licht der Bibel .. so gut wie ich das eben konnte allein ..
ich hatte zwar schon eine Menge guter Gespräche ... mit einer
Gläubigen aus einer russlanddeutschen Gemeinde ... aber ich habe
mich zurückgehalten. Ich konnte meine Trauer ihr gegenüber oder
auch anderen nicht zulassen, oder formulieren und mir sozusagen Trost
holen .. vielleicht geht das, was dieses Thema betrifft, auch nicht
... es ist zu persönlich ... es ist interessanterweise leichter,
darüber zu schreiben als zu sprechen …
Aber
ich weiß, dass ich egal wo ich war, egal was ich gemacht habe, damit
fertig werden musste, dass ich in Gottes Augen Gott selbst gespielt
habe, dass ich gemordet habe, und dass ich Menschen - das wurde mir
sogar erst kürzlich richtig klar, als ich in der Zeitschrift „idea“
gelesen habe über diesen Klinikchef, der zurückgetreten ist, weil
er in seiner Klinik keine Abtreibungen mehr haben will .. - mit in
dieses Verbrechen gezogen habe .... das ist so schlimm, dass man das
erstmal gar nicht wahrhaben will ... man sucht Ausflüchte ..
Begründungen ... und weiß doch in der Tiefe des Herzens um die
Sünde und Schande ... ich habe immer und immer wieder mir gewünscht,
die Zeit zurückdrehen zu können ... um das alles ungeschehen zu
machen ... und geheult und geheult …
Dabei
wusste ich aber, dass GOTT mir wirklich vergeben hat ... aber da
kommt jetzt das berühmte: " ich kann mir aber selbst nicht
vergeben " ... und das ist ja sehr zwiespältig ... : man
braucht eine Weile um zu begreifen, dass man sich bzw. ich mich damit
über Gott setzt - gesetzt habe.. weil ich erst wirklich lernen
musste , dass GOTT die Macht hat, jede Sünde zu vergeben .. dass das
Sühnopfer Jesu, Sein Blut wirklich reinwaschen kann .. wenn man
aufrichtig bereut ... und Buße tut .. umkehrt ... und dass GOTT auch
vergeben will ... aber zu Seinen Bedingungen.
Die
Heilung geschieht prozesshaft und es gibt keinen Zeitpunkt, von dem
an man sagen kann: jetzt bin ich geheilt. Zudem ist das ein Schmerz,
der hier auf Erden niemals ganz verschwinden wird … und die Folgen
und Konsequenzen sind hart. Ich bin davon überzeugt, dass man davor
zurückschreckt, Menschen, die man neu kennenlernt, oder vielleicht
sogar einen potentiellen Ehemann (also, in meinem Fall ist das nun
nicht mehr relevant ;-) ) alles zu erzählen, wirklich offen zu sein
... denn die meisten sogar weltlichen Menschen haben ein Problem mit
Frauen, die abgetrieben haben, da kann man noch so modern tun. Eher
noch gibt man einen schweren Betrug zu.
Also
steht da immer etwas im Raum, vielleicht nicht sehr fassbar, nicht
groß ... aber es ist da ... vor allem die bange Frage: inwieweit hat
mir der Eingriff auch körperlich geschadet? Kann man noch Kinder
bekommen? Aber so nach zwei Jahren – und in diesem Prozess auch das
Lernen, dass es gar nicht wichtig ist, dass ich mir nicht selbst
vergeben kann, weil es nicht auf mich ankommt ... ebbte diese
große Trauer ab …
Ich
denke auch, man kann jemandem nur Mut machen, sich ganz fest an Gott
zu klammern und an Seine Liebe und Vergebung glauben ... und einfach
da sein. Sagen kann man nichts und man muss dem entgegenwirken, wenn
gesagt wird: ich kann mir selbst nicht vergeben. Darauf kommt es
nicht an, denn das Opfer Jesu ist ausreichend ... mehr als das ...
und in diesem Prozess klein zu werden und schwach und hilflos ... und
das zuzulassen ... und genug Raum für Trauer ... es gibt wenig
Menschen, die Trauer aushalten können. Auch im christlichen Bereich
hat man ganz schnell Angst vor Selbstmitleid. "Reiß Dich
zusammen", etc. All diese Beschwichtigungen. Und gerade jetzt,
da ich das schreibe, wird mir ganz neu die Bedeutung des „Seid
still“ klar (Psalm 46, 11).
Heilung
kommt auch durch die tägliche Stille Zeit. Der Eine oder Andere wird
auch einen Tag Pause brauchen, um das zu verarbeiten, da sollte man
kein Drama draus machen, Zeit Bibel zu lesen und zu beten ... und man
muss sich nicht immer konkret mit diesem Thema auseinandersetzen ..
wer kennt das nicht, dass man ohnehin gewisse Bereiche im Leben mit
zunehmendem Verständnis der Bibel immer wieder neu sehen lernt ..
immer besser erkennt, wo die eigenen Schwächen liegen und falschen
Standpunkte und ebenso lernt, zu loben und zu danken .. dass GOTT
vergeben hat ... dass wir IHM vertrauen dürfen, dass egal was
Menschen sagen, ER zu Seiner Zeit schenken wird, was wir brauchen ..
dass wir aber immer Seiner Liebe gewiss sein dürfen.
Für
Menschen mit tiefen Wunden und Depressionen, Selbstmordabsichten ist
es wichtig, sich dieser Liebe bewusst zu sein ... und gewiss .. und
alles "Ich" abzugeben ... zu erkennen, dass wir nichts in
der Hand haben ... und dass wir das auch gar nicht müssen.