„Aaah, der Typ mit dem großen
Fisch!“ So strahlten mich häufig die Menschen an, wenn ich mich
ihnen als „Jonas“ vorstellte. Eine Weile war das für mich der
Horror – verband ich doch mit dieser Gestalt des Propheten Jona
zwei andere Dinge: Ein Mann, der vor Gott wegläuft – und ein Mann,
der Gott Vorwürfe macht, Er sei zu gnädig und barmherzig. Nach
langer Zeit des Lesens und Forschens im Buch Jona bin ich auf weitere
Schwerpunkte gestoßen: Jona war vor allem ein ganz normaler Mensch –
ein einfacher, kleiner Mann mit einem großen Gott. Und noch eines
mehr: Ein Prediger, der eine riesige Erweckung auslöste. Wohl die
größte Erweckung der Weltgeschichte. Wer könnte von sich
behaupten, dass aufgrund einer einzigen Predigt auf einen Schlag über
120'000 Menschen zum Glauben gekommen seien? Im Rahmen meiner
Auseinandersetzung mit diesem biblischen Propheten ist folgendes
Gedicht entstanden.
1. Flucht
Einst redete zu Jona schon,
das war des Amittaiens Sohn,
der Herr des Himmels und trug ihm
auf:
„Geh hin, jetzt mach dich auf
und lauf
nach Ninive, der großen Stadt!
Nimm vor den Mund auch ja kein
Blatt!
Ihr Tun ist stetig ungerecht;
sie übertreffen sich an dem, was
schlecht
und böse ist vor Mir!“ Da geht
der Jona hin und steht
am Hafen Japho, sucht ein Schiff,
noch ehe man's genau begriff,
schon ist er weg, gen Tarsis hin.
Ist's jetzt schon aus vor dem
Beginn?
Doch der Herr ist nicht am Ende;
Er fängt erst an und bringt
behende
einen großen Sturm aufs Meer –
das Boot, es rüttelt und
schüttelt sehr.
Da werden auch die Heiden fromm,
nur Jona nicht, denn er erklomm
ein Bett im unteren Schiffe
als ob er all das nicht begriffe.
Der Wogen Macht lässt süß ihn
träumen
und während oben Wellen schäumen,
liegt er und ruht sich friedlich
aus,
als wäre er im Bett zu Haus.
Der Kapitän will's nicht
begreifen;
er tritt zu ihm, kann nicht
verkneifen,
den Schlafenden zu wecken:
„Mein guter Mann, willst dich
verstecken?
Nun los, ruf deine Götter an!“
Die Mannschaft machte sich sodann
ans Werk und machte Lose,
zu finden, wer für das Getose
die Verantwortung muss tragen:
Wen es trifft, geht’s an den
Kragen.
Das Los – wie könnt es anders
sein? –
fiel auf Jona ganz allein.
Die Seeleut wollten es nun wissen:
Hat dieser Typ uns doch
beschissen?
Und einer rief: „Was soll'n wir
tun,
damit die See wird wieder ruhn?“
„Werft mich“, sprach Jona,
„doch hinein;
der Sturm soll nicht eu'r Ende
sein!“
Doch mehr und mehr stieg an das
Brausen,
ließ das Schiff von Welle zu
Welle sausen.
Doch endlich packten sie Jona dort
und warfen ihn – Mann über
Bord! –
ins wogenwütende Meer hinein.
Doch horch! – das kann doch gar
nicht sein?
Der Sturm lässt nach, das Meer
gestillt.
Ein Wunder! Nun sind die Seeleut
gewillt,
dem Herrn von Himmel und Erde zu
danken,
der Ruhe schenkt unter ihren
Planken.
2. Rettung
Um Jona aus dem Meer zu retten,
sandte Gott einen dicken, fetten,
riesigen Fisch, der ihn sollte
verspeisen,
um dann mit ihm ans Ufer zu
reisen.
Auch Jona war dankbar dem Herrn:
„Ich rief und Du hörtest von
fern!
Du rettetest mich vor dem
Untergehen,
ich konnte den Tod schon vor mir
sehen!
Mitten ins Meer sank ich hinunter
doch siehe, jetzt bin ich fit und
munter!
Und wo mich das Seegras schon
umgab,
da holtest Du mich aus dem Grab.
Ich schrie zu Dir – und mein
Gebet
kam an, dort wo Dein Tempel steht.
Nun werd ich tun, was immer Du
willst,
der Du die Stürme sendest und
stillst.
Ich will den Menschen erzählen
gern:
Die Rettung kommt allein vom
Herrn!“
Nach drei Tagen war'n sie am
Meeresrand,
der Fisch spie Jona nun an Land.
3. Erweckung
Und wieder kam ihm Gottes Wort:
„Nun los, mach dich auf von
diesem Ort,
lauf nach Ninive hinein!“
Da machte sich Jona ganz allein
auf den Weg in die große Stadt,
die Gottes Zorn erreget hat.
Einen Tag lief er in die Stadt
hinein
und rief: „Nur 40 Tage noch wird
Ninive sein!“
Und die es hörten, glaubten
sodann
an Gottes Wort und machten sich
dran,
in ihre Häuser zu hasten,
suchten Sacktuch, begannen Fasten.
Auch der König der Stadt tat
Buße.
Er ließ ausrufen mit königlichem
Gruße:
„Jeder soll Sacktuch tragen,
fasten, beten,
keiner den Weg des Unrechts
betreten.
Vielleicht ist Gott noch
umzustimmen,
wenn wir aufhören mit allem
Schlimmen,
um Ihn zu suchen!“ Gott sah ihre
Taten
und wusste: Die sind gut beraten!
Die Stadt, sie blieb noch länger
bestehen:
Gott hat sie mit Gnade angesehen.
4. Zurechtweisung
Doch Jona konnte sich nicht
freuen:
wie konnte Gott nur jenes gereuen?
Er wurde wütend, begann zu beten:
„Drum wollt ich Ninive nicht
betreten!
Ich wusste doch um Deine Gnade,
dass Du es findest viel zu schade,
unsere Feinde zu zerstören.
Deshalb wollt ich nicht auf Dich
hören.
Nun nimm mein Leben, lieber
sterben,
als dies zu beichten meinen
Erben.“
Und wieder machte sich Jona auf,
baute östlich der Stadt eine
Hütte auf,
um aus der Nähe anzusehen,
was mit Ninive werde geschehen.
Da, sieh! Ein kleines Pflänzchen
kommt hervor!
Wächst über Jonas Kopf empor.
Ein Rizinus, ein Schattenspender,
auf dass sich Jonas Zorn
veränder'.
Und Jona freut sich: Ein
Himmelszeichen!
Doch tags drauf schon muss es
weichen.
Ein Wurm, am Morgen angekrochen,
hat den Rizinus gestochen.
Da heiß der Wind von Osten bläst,
fühlt sich Jona ganz verjäst.
Er hat schon wieder neue Wut:
Das mit dem Rizinus war nicht gut!
Da sprach der Herr: „Du zürnst
mir nun?
Was hattest du am Strauch zu tun?
Macht dir die arme Pflanze
Schmerzen?
Sollt ich da nicht von ganzem
Herzen
der großen Stadt nur Gutes
wollen?
Du siehst: Kein Grund hat all dein
Grollen!
Sind hundertzwanzigtausend Leute
nicht mehr Wert als dein Rizinus
heute?“
4.12.2014; Jonas Erne