Mittwoch, 27. Februar 2013

Wenn die Politik zur Religion wird

Wenn die Politik zur Religion wird

Genau betrachtet haben wir Religionsfreiheit – zumindest in der Theorie und im Gesetz verankert. Die Trennung von Staat und Kirche – die eine sehr gute Sache ist – besagt, dass jeder Mensch dem Glauben folgen darf, dem er möchte. Und dieselbe Trennung verbietet es dem Staat zugleich – auch hier muss wieder hinzugefügt werden: zumindest in der Theorie – sich in die Sache der Kirche direkt einzumischen. Problematisch wird die Sache allerdings dann, wenn sich die Politik mit ihren Vorstellungen und Behauptungen zu einer neuen Religion macht. Und genau das ist immer wieder dort der Fall, wo das Fehlen eines Glaubens als ein Mehr an Objektivität propagiert wird. Man kann dies vom Untergang großer Mächte im Altertum bis in unsere heutige Zeit beobachten. Ein Beispiel, das hier besonders herausragt, war die Französische Revolution, bei welcher der Glaube an die Vernunft zur neuen Göttin wurde, als die Kirche Notre Dame geplündert, geschändet und zur Hochburg einer neuen Vernunftreligion erklärt wurde.

Eine atheistische Politik beinhaltet immer ein großes Manko, das sehr schnell durch eine Religion ersetzt wird, die in diese Politik gar messianische Erlösungshoffnungen setzt. Leicht zu beobachten ist dies auch in unserer heutigen Politik des sogenannten Sozialstaats. Linksorientierte Politik sieht in einem „Mehr an Staat“ die Möglichkeit, ein Paradies auf Erden aufzubauen. Wohin das führt, hat uns eigentlich ein Jahrhundert der Sozialismen bereits gezeigt. Je größer das Mehr an Staat wird, desto weniger hat der einzelne Mensch noch etwas zu sagen. Die Theorie von diesem Mehr an Staat geht so weit, dass sie den Bürger eines Sozialstaats vor sich selbst schützen will. Wer nämlich nicht einverstanden ist mit diesem Mehr an Staat, der hat einfach noch nicht kapiert, wie gut das für alle ist, deshalb muss er zu seinem Besten gezwungen werden. Irgendwann, so sagt man sich, wird er schon noch dankbar sein.

Diese neue Religion linksorientierter Politik muss natürlich auch ihre eigene Ethik haben. Diese Ethik ist verpflichtend, denn sie wird durch Gesetze, Begünstigungen und Steuern erklärt. Gesetze und Steuern steuern unser Denken und dadurch auch unsere Ethik. Das erste Gebot dieser Ethik lautet: Der Kapitalismus ist der größte Feind des Menschen. Dies wird deutlich durch das System von progressiven Steuersätzen nach oben und Unterstützung und Begünstigungen nach unten. Die Doppelmoral, dass Politiker, die solches vertreten, auch durchaus mal die Hand nach höheren Verdiensten öffnen können, stört dabei niemanden. Der Kapitalismus ist immer noch der größte Feind des Menschen. Denen, die mehr Geld haben, muss es weggenommen werden, damit es denen zu Gute kommt, die weniger haben. Somit wird das Geld, für das man arbeitet, zu etwas Bösem. Wer nun die Frage stellt: Wozu soll man denn noch arbeiten gehen, wenn andere das Geld hinterher geworfen bekommen, so findet sich darauf keine Antwort. Arbeiten gehen muss er trotzdem, damit die Staatskassen gefüllt werden.

Das zweite Gebot lautet: Du musst immer politisch korrekt sein. Und was nun gerade politisch korrekt ist, das ändert sich bekanntlich von Tag zu Tag. Wo man früher noch von „Zigeunern“ sprach, muss es heute anders heißen. Wie es jedoch korrekt lautet, weiß niemand so ganz genau. Eine Zeit lang hieß es „Sinti und Roma“, weil das die zwei größten Gruppierungen des fahrenden Volkes war, aber dadurch werden alle anderen Gruppen auch diskriminiert, insbesondere jene, die es nicht mögen, mit Sinti und Roma in einen Topf geschmissen zu werden. Unter den Gruppierungen in Rumänien gibt es eine Bewegung, die sich gerade gegen alle neueren Begriffe wehrt und für den Gebrauch des Wortes „Tsiganos“ (von dem sich unser politisch inkorrekter Begriff ableitet) kämpft.

Das dritte Gebot lautet: Alle sind gleich, nur wir Politiker, die uns für euer Bestes einsetzen, wir sind gleicher. Dem einzelnen Menschen darf nicht getraut werden. Demokratie ist etwas Schönes, aber erst dann, wenn wir alle von unserem Standpunkt überzeugt haben. Man darf dem Menschen bloß nicht zu viel zutrauen, sonst könnte es noch einmal passieren, dass sie – wie anno 1989 beim Mauerfall – das Richtige tun (nämlich auf die Straße gehen und sich empören) aber zum falschen Zweck. Schließlich war es ja damals so, dass die Menschen sich gegen ihr Bestes gewehrt haben. Sie hatten alle genügend Arbeit, waren alle gleich, waren sozial versorgt, waren in wunderbarer Sicherheit, aber irgendwie waren sie noch nicht weit genug vor sich hin evolutioniert, um schon so weit zu sein, dass man sie zu ihrem Besten vom bösen Kapitalismus befreien konnte. Somit beginnt dasselbe Experiment ein zweites Mal – diesmal etwas großflächiger.

Dienstag, 26. Februar 2013

Der Brief der Freude

Der Brief der Freude


Paulus und Timotheus, Knechte Jesu Christi, an alle Heiligen in Christus Jesus, die in Philippi sind, samt den Aufsehern und Diakonen: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Ich danke meinem Gott, so oft ich an euch gedenke, indem ich allezeit, in jedem meiner Gebete für euch alle mit Freuden Fürbitte tue, wegen eurer Gemeinschaft am Evangelium vom ersten Tag an bis jetzt, weil ich davon überzeugt bin, daß der, welcher in euch ein gutes Werk angefangen hat, es auch vollenden wird bis auf den Tag Jesu Christi. (Philipper 1, 1 - 6)

Der Philipperbrief ist der Brief der Freude. In keinem anderen Brief wird die Freude so oft erwähnt, kein anderer Brief zeugt mit dem Stil, in welchem er geschrieben ist, so sehr von der Freude. Und kein anderer Brief fordert uns so oft auf, dass wir uns freuen sollen. Das ist das wichtigste Thema des Briefes an die Philipper. Paulus schreibt noch viel mehr darin, aber alles, was er schreibt, soll uns zur Freude führen. Paulus schreibt diesen Brief aus Rom, wo er in Gefangenschaft ist. Zu der Zeit, als er den Brief schrieb, durfte er in einer Mietwohnung leben, die vergitterte Fenster und bewachte Türen hatte, aber er lebte dort drin doch für sich und durfte Besuch empfangen. So war gerade Timotheus auf Besuch bei ihm, den er dann nach Philippi schicken wollte. Das schreibt er dann im Brief auch.

Paulus, der Mann der Freiheit, der große Evangelist, Apostel, Pastor und Gründer von vielen neuen Gemeinden, der Mann mit den Plänen, wie er die ganze Welt auf den Kopf stellen und für Christus gewinnen kann, dieser Mann sitzt im Gefängnis und schreibt übersprudelnd von der Freude. Komisch, nicht wahr? Er hätte jeden Grund, sich verbittert zurückzuziehen und zu denken, dass Gott ihn verlassen habe. Aber das tut Paulus nicht. Stattdessen weiß er, dass Freude nicht von den äußeren Umständen abhängt, sondern von seiner Reaktion auf diese Umstände. Wir finden in den Versen 3 – 6 in diesem ersten Kapitel insgesamt fünf Gründe, weshalb Paulus so voll Freude auch von diesem dunklen Ort in Rom schreiben konnte. Er möchte seine Gemeinde in Philippi informieren, wie es ihm geht. Sie haben gesehen, dass er im Gefängnis ist, waren darüber betrübt und haben ihm Geld geschickt und auch ein paar Fragen gestellt. So packt er die Gelegenheit am Schopf und schreibt ihnen diesen Brief.

1. Dankbarkeit
Der erste Grund für die Freude des Paulus ist seine Grundhaltung der Dankbarkeit. Es ist auffällig, dass er fast alle Briefe mit einem Gebet anfängt, in welchem er Gott für die Gemeinde dankt. Die einzige und sehr auffällige Ausnahme ist der Galaterbrief. Dort kommt er sofort zur Sache, denn es gibt einige sehr böse Geschehnisse in diesen Gemeinden, er hat von Leuten erfahren, die kurz davor waren, dem Glauben den Rücken zu kehren und versucht haben, andere dort mit hineinzureißen. Aber sonst haben wir in allen Briefen am Anfang den Teil mit der sogenannten Danksagung, also ein Gebet zu Gott, in dem Paulus für die Gemeinde dankt und insbesondere auch erwähnt, was er an den Gemeinden gut findet.

Dankbarkeit ist eine Grundhaltung des Menschen. Wir haben sehr oft eine Grundhaltung der Unzufriedenheit. Wenn man unzufrieden ist, so sieht man nur das, was man gerne anders hätte. Aber Paulus hat sich da etwas anderes angewöhnt: Er sucht immer zuerst nach dem, was er positiv anerkennen kann. Es ist faszinierend, wie er im ersten Brief an die Korinther, in der er ja, wie wir wissen, drei Kapitel lang über den rechten Gebrauch der Geistesgaben geschrieben hat, wo es daran doch so viel zu korrigieren gibt, trotzdem an erster Stelle dafür dankt, „dass ihr keinen Mangel habt an irgend einer Gnadengabe“ (1. Kor. 1, 7).

Natürlich – es gab viel, was die Gemeinden noch zu verändern hatten. Übrigens auch in Philippi. Da kommen viele Ermahnungen und Ermutigungen zur Veränderung nach. Aber zuerst stellt Paulus das heraus, was es zu würdigen gibt, und dankt dafür Gott. Auch für uns ist es wichtig, dass wir eine Kultur der Dankbarkeit leben und fördern. Viel zu oft leben wir nach dem Motto „ned gschumpf isch gnug globt“. Wir sprechen irgendwann nur noch das an, was uns stört, und verändern damit auch unseren Blickwinkel, weil wir dann auch nur noch das sehen, was nicht gut ist. Alles andere ist dann für uns wie selbstverständlich. Aber eigentlich ist es das nicht, denn viele Menschen haben gar nichts von alledem, was für uns selbstverständlich ist.

Die innere Haltung der Dankbarkeit zeigt sich äußerlich in dem, wie wir beten, aber auch dadurch, wie wir miteinander umgehen. Wer die Haltung der Dankbarkeit hat, der schaut sich nach dem um, wofür er „Danke!“ sagen kann. Bei Paulus sehen wir, wie er zugleich Gott dankt, aber dies so tut, dass klar wird, dass er zugleich auch den Leuten in Philippi dankt. Es ist also auf der einen Seite eine Dankbarkeit gegenüber Gott, aber zugleich ist er sich auch nicht zu gut dafür, das, was er kann, auch bei den Menschen positiv zu erwähnen. Er zeigt hier, dass es für ihn nicht selbstverständlich ist, dass sie an ihn gedacht haben und für ihn sorgen möchten. Er sagt also gewissermaßen auch den Philippern danke für ihre Anteilnahme und Hilfe. Freude kommt aus der inneren Haltung der Dankbarkeit.

2. Erinnerung
Paulus dankt Gott für die Philipper, und zwar „sooft ich an euch gedenke“. Er erinnert sich immer wieder an das, was er mit ihnen zusammen erlebt hat, wie er zu ihnen gekommen war und von Jesus erzählt hat. Und wie es manche gab, die das Evangelium annahmen und sogleich bereit waren, auch mitzuhelfen, dass noch mehr Leute davon erfahren sollten. Er erinnert sich, wie er in Philippi einer Frau den Wahrsagegeist ausgetrieben hat und wie daraufhin das Volk gegen Paulus aufgewiegelt wurde, so dass man Paulus sogar dort ins Gefängnis tat. Und doch hatten diese Menschen ihn nicht verlassen. Es war eine junge, brennende, feurige Gemeinde, die bereit war, alles zu geben, damit Menschen bekehrt wurden.

Und dann erinnert er sich auch, wie die Philipper sich immer wieder erkundigt hatten, wie es ihm gerade geht – und als sie erfahren haben, dass er in Rom in dieser Gefangenschaft ist, haben sie sich gesagt: Wir müssen ihm helfen! Lasst uns eine Sonderkollekte machen, die unser Epaphroditus dann zu ihm nach Rom bringen kann! Und wie sehr sich Paulus darüber freut, dass sie so an ihn denken, das kommt in jedem Kapitel dieses Briefs wieder erneut so deutlich rüber. Paulus erinnert sich, und das ist sein zweiter Grund für die Freude. Freude ist seine Reaktion auf die Umstände. Er ruft sich alles Gute in Erinnerung, wofür er danken kann. Deshalb kann er sich auch in seiner Gefangenschaft freuen.

Wenn du an Menschen denkst, die du um dich herum hast, was von ihnen kommt dir dann zuerst in den Sinn? Das, was sie dir schon alles Gutes getan haben oder die Dinge, mit denen sie dich verletzt haben? Paulus konnte in seiner Gefangenschaft gerade deshalb seine Freude behalten, weil er in allem das Gute gesucht hat. Wir lesen in diesem Brief weiter vorne noch viel mehr davon. Als Gefangener hätte er sich sagen können: Jetzt bin ich gefangen, da hat bestimmt Gott mich verlassen, damit das geschehen konnte. Aber davon lesen wir nichts. Im Gegenteil, er schreibt sogar, dass seine Gefangenschaft zur Förderung des Evangeliums beigetragen hat. Sein Leid, seine Gitter vor dem Fenster, seine Wächter, die auf ihn aufpassten, all das wurde von Gott zum Guten gebraucht, nämlich zur Förderung des Evangeliums, wie er im Vers 12 schreibt.

Dankbarkeit und die Erinnerung an all das Gute, was wir in unserem Leben bekommen, das sind zwei grundlegende Dinge, die zur Freude beitragen. Dazu müssen wir aber die Augen offenhalten und nach den Dingen suchen, die wir bekommen. Wenn es uns schwer fällt, uns in schwierigeren Zeiten an diese Dinge zu erinnern, hilft es auch sehr, wenn wir uns eine Art Danksagungstagebuch anlegen und es auch regelmäßig füllen. Dort kommt alles hinein, was wir mit Gott erleben und wo Menschen uns Gutes tun. Dann haben wir etwas, wo wir jederzeit lesen, uns erinnern und danken können.

3. Gebet / Fürbitte
Und dann sehen wir in einem weiteren Schritt: Paulus betet für diese Gemeinde, der er schreibt. Er tut Fürbitte für sie, und zwar nicht nur einmal, auch nicht nur hin und wieder, sondern jedes Mal, wenn er am Beten ist. Allezeit schreibt er. Das bedeutet nun nicht, dass er nur noch gebetet hat und sonst gar nichts anderes mehr getan, sondern er hat sich einfach angewöhnt, regelmäßig zu beten, und in diesen regelmäßigen Gebeten hat er auch jedes Mal für die Gemeinde in Philippi gebetet.

Wie jemand betet, auch wie oft und wofür, das sagt ganz viel über unsere Persönlichkeit und unsere Prioritäten im Leben aus. Wer vor allem für seine persönlichen Wünsche betet, fürs neue Auto oder einen schnelleren Computer, offenbart damit die Priorität dieser Dinge in seinem Leben. Paulus betet sehr viel für andere Menschen. Auch das offenbart seine Prioritäten. Ihm ist es nicht so wichtig, wann oder wie er aus seinem Gefängnis herauskommt, sondern vor allem, dass es den Leuten gut geht, die er liebt. Fürbitte, Gebet für andere, das ist etwas, was auch uns selbst ganz besonders verändert. Es gibt uns einen neuen Blickwinkel für unser Leben. Es macht uns frei von uns selbst, von der Priorität unserer selbst in unserem Leben. Wer vor allem an sich selbst im Gebet denkt, wird von sich und seinem Wohlergehen derart eingenommen, dass er von den eigenen Umständen abhängig wird.

Bei Paulus tritt dieses Ich-Mich-Mein-Mir so weit zurück, dass ihm das Wissen um das Wohlergehen der Philipper Freude bereitet. Er kann sich freuen, weil es ihnen gut geht. Er kann sich freuen, weil sie an ihn gedacht haben. Er kann sich freuen, weil sie ihre Sorge um ihn gezeigt haben. Fürbitte – Gebet für Andere – macht uns frei und bereitet uns Freude. Das ist wertvoll zu wissen. Für wen beten wir? Wen haben wir auf dem Herzen, für den wir in allen unseren Gebeten danken und um sein Wohlergehen bitten?

4. Gemeinschaft
Dann dankt Paulus für die Gemeinschaft am Evangelium. Die Leute in Philippi haben ihn unterstützt in seinem Dienst, und zwar auf ver-schiedene Art und Weise. Zunächst denkt er daran, wie sie, als er frisch zu ihnen kam, das Evangelium angenommen haben. Wie sie ihn ermutigt haben in seinem Dienst, als er gefangen genommen wurde und sie ihn nicht verlassen haben, sondern trotzdem weiter gemacht, mit ihm gelitten, mit ihm evangelisiert haben.

Doch auch jetzt geben sie Paulus noch genügend Grund zur Dank-barkeit, mit ihrer Unterstützung. Wie sie ihm Geld geschickt haben, damit er davon leben konnte und mehr Zeit für seinen Dienst hatte. Nicht nur einmal, sondern mehrmals haben sie ihm schon Teile aus der Kollekte zukommen lassen. Dann lesen wir in Vers 19, dass sie für ihn beteten, für seinen Dienst. Auch das war für Paulus eine große Ermutigung. Wie er zum Beispiel auch im Epheserbrief (6, 20) schreibt, ist es ihm wichtig, dass andere für ihn beten. Er weiß, dass er die Hilfe Gottes nötig hatte, er war nie einfach ein Einzelkämpfer, dem es egal war, was andere tun und denken. Er wusste um seine Kämpfe und Schwächen, und wünschte sich auch Gebet für noch besseren Dienst. In Vers 27 schreibt Paulus, dass sie auch jetzt immer fleißig dabei sind, das Evangelium bekannt zu machen. Auch das hat ihn ermutigt, denn so wusste er, dass er nicht allein war in diesem Dienst.

5. Vertrauen in Gott
Der letzte und wichtigste Grund zur Freude in diesen vier Versen ist die Gewissheit von Gottes Zuverlässigkeit. Er weiß, dass er Gott ganz und gar vertrauen kann. Und das ist ganz wichtig. Paulus sitzt in Rom, seine Wohnung ist überwacht, er kann nichts tun für die Philipper. Trotzdem freut er sich. Warum? Weil er weiß, dass sein Gott treu ist. Gehen wir einen Schritt näher in den Text. Was hier mit „ich bin überzeugt“ übersetzt wird, das ist ein Verb, das „sich sicher sein“ bedeutet. Das Verb ist in einer Zeitform, die eine abgeschlossene Handlung in der Vergangenheit bezeichnet. Wenn wir uns in der Bibel umsehen, so finden wir diese Zeitform in Johannes 19, 30. Da wird von der Kreuzigung Jesu berichtet. Das Letzte, was Jesus am Kreuz ausrief, das war: Es ist vollbracht! Dort bedeutet das Verb „etwas seinem Ziel zuführen“ und in der Zeitform der Handlung, die in der Vergangenheit abgeschlossen ist, bedeutet es: „Es ist vollständig ausgeführt“ oder „es ist vollkommen vollbracht“. Auf unser Verb bezogen zeigt es die Gewissheit, die Paulus hatte, dass Gott alles vollbringen wird, was Er Sich vorgenommen hat.

Bei Paulus finden sich ja immer wieder die Hinweise darauf, dass alles, was geschieht, lediglich die Ausführung von Gottes Plan ist, den Er bereits vor der Erschaffung der Welt gefasst hatte. Anders gesagt: Die ganze Weltgeschichte ist die Ausführung von Gottes Heilsplan. Alles, was geschieht, war von Gott zuvor geplant und wird jetzt in Raum und Zeit ausgeführt. Deshalb kann Paulus sich auch freuen, denn er weiß, dass es nicht so sehr auf ihn ankommt, sondern Gott tut alles zum Besten. Ich fürchte, dass wir uns manchmal zu ernst nehmen und denken, dass alles nur auf uns ankommt. Es stimmt, Gott gebraucht uns, ja, aber Er hat das, wofür Er uns gebraucht, bereits längst vorbereitet (Epheser 2, 10). Mit diesem Wissen können wir uns in allem freuen, denn Gott hat es im Griff, nicht wir.

Schluss:
So sehen wir: fünf Dinge sind es, die unsere Freude sein sollen. Und in unserem Brief kommt mehrmals der Befehl: Freut euch! Freut euch alle Zeit im Herrn! Freut euch! Warum ist Freude so wichtig? Wenn wir aufhören, uns in Gott zu erfreuen, beginnen wir ganz automatisch, uns um uns selbst zu drehen. Und irgendwann fangen wir an, denen, die sich freuen, das Leben schwer zu machen. Denn es darf sich ja niemand das Leben leichter machen als wir selbst, oder? Man fängt an, sich auf das zu konzentrieren, was andere alles tun sollten oder zu unterlassen hätten. Eins muss uns klar sein: Menschen werden uns immer wieder verwunden, verletzen. Wenn wir Freude haben, werden wir vergeben können, und die Sache ist erledigt. Wenn uns die Freude fehlt, wird jede Wunde ein Stück Bitterkeit bringen, denn ein Herz, in der diese Freude fehlt, ist wunderbarer Nährboden dafür.

Fünf Dinge haben wir aufgezählt, die uns helfen, die Freude statt der Bitterkeit zu kultivieren: Erstens Dankbarkeit. Offene Augen für das Gute und Schöne, für das, was Gott und Menschen uns Gutes tun. Zweitens Erinnerung. Ein Gedächtnis, das sich an das erinnern kann, wofür man zu danken hat. Drittens Gebet, Fürbitte für Menschen. Das wird unsere Herzen mit Liebe für jene erfüllen, für die wir beten. Viertens Gemeinschaft. Zusammen unterwegs sein, zusammen Zeit verbringen, zusammen für Gott arbeiten. Keiner ist allein. Und fünftens Vertrauen in Gott. Er wird es recht machen. Er wird auch aus unseren Fehlern das Beste machen. Er ist in Kontrolle, Sein Plan wird erfüllt. Er wird das Werk der Gnade, das Er in euch begonnen hat, vollenden.

Montag, 25. Februar 2013

Die Sünde in unserer Zeit

Die Sünde in unserer Zeit

So spricht der Herr der Heerscharen: Hört nicht auf die Worte der Propheten, die euch weissagen! Sie täuschen euch; die Offenbarung ihres eigenen Herzens verkünden sie und nicht [was] aus dem Mund des Herrn [kommt]. Ständig sagen sie zu denen, die mich verachten: »Der Herr hat gesagt: Ihr werdet Frieden haben!« Und zu allen denen, die in der Verstocktheit ihres Herzens wandeln, sprechen sie: »Es wird kein Unheil über euch kommen!« (Jeremia 23, 16 - 17)

Das größte Übel unserer Zeit ist, dass wir nicht mehr wissen, was Sünde ist und was sie bewirkt. Dies war auch in der Zeit Jeremias der Fall. Es gab selbsternannte Propheten, die den Menschen Frieden verkündeten, obwohl jene nichts mit dem lebendigen Gott zu tun haben wollten. Unser heutiges Problem ist, dass wir Sünde verharmlosen. Wir biegen sie auf die humanistische Definition herunter, die besagt, dass Sünde das ist, was anderen Menschen schadet. Damit verfehlen wir aber all das, was die Bibel über Sünde sagt. Wir lassen uns vom Zeitgeist beeinflussen und werfen damit Gottes Geist hinaus aus unseren Überlegungen und der Verkündigung. Sünde – so lehrt die Bibel in ihrer Gesamtheit – ist nicht in erster Linie das, was anderen Menschen schadet, sondern das, was Gott die Ehre nimmt. Und weil Gott die ganze Welt in erster Linie zu Seiner Eigenen Ehre gemacht hat, bringt unsere Sünde immer Gott um Seine Ehre und die Welt um ihre Bestimmung. Deshalb beschwört alle Sünde Gottes Zorn herauf – egal ob es sich dabei um etwas handelt, bei dem wir sofort sehen können, dass es jemandem etwas schadet oder nicht.

Das Problem dabei ist, dass wir gerne versuchen, Gott nach unseren Wünschen umzubasteln und zu unserem Taschengötzchen zu machen, das wir als Wunscherfüllungsautomaten nach Gutdünken missbrauchen und dann schnell wieder wegpacken können. Friede, Friede, Friede, wo doch kein Friede ist. Es ist schrecklich, unter dem Zorn des lebendigen Gottes zu stehen, aber schrecklicher ist es, Menschen von ihrem Frieden zu überzeugen, wo gar kein solcher ist. Gott hat als Design für die Ehe den Menschen als Mann und als Frau geschaffen, dieses Design wird die ganze Bibel hindurch als der verbindliche Wille Gottes deklariert. Alles andere bringt Gott um Seine Ehre und beschwört deshalb auch Seinen Zorn herauf. Dürfen wir da schweigen, wenn eine Gesellschaft versucht, diese Ordnung aufzubrechen? Dürfen wir „Friede, Friede!“ rufen, wo niemals Friede sein kann?

Eines ist klar: Wer den Mund auftut, ohne „Friede, Friede!“ zu rufen, hat einen schweren Stand. Der Herr Jesus hat es bereits klar gemacht: Wer Sein Wort weitergibt, muss Verfolgung in Kauf nehmen. Der Preis ist hoch. Unsere Gesellschaft verfolgt heute schon systematisch alle, die es wagen, dies zu tun. Dennoch: Wir sind berufen, den Mund zu öffnen. Wir sind berufen, gegen das Unrecht Stellung zu beziehen. Nur so wird es möglich sein, ein Licht in der Dunkelheit unserer Zeit zu sein. Viele werden es wohl nicht mehr werden, die dazu bereit sind. Die Verleumdungswelle ist groß, als „Fundamentalist“ zu gelten ist ein Schimpfwort. „Christ“ übrigens auch. Als Christen dürfen wir uns nicht wundern, dass wir dieser Verfolgung ausgesetzt sind. Problematisch ist nur, wenn wir aus Feigheit schweigen. Denn eine Kirche oder Gemeinde, die aufhört, die Menschen vor der Sünde zu warnen und ihre Mitglieder im Notfall auch zu schützen, hat kein Recht mehr, sich als Herausgerufene des Herrn Jesus zu bezeichnen. Sie hat ihre Berechtigung, eine solche zu sein, verloren.

Donnerstag, 14. Februar 2013

Die Vorsätze von Jonathan Edwards

Eine der ganz großen Schwierigkeiten unserer heutigen Gemeinden ist, dass es an Entschiedenheit fehlt, ganz nach Gottes Wort leben zu wollen. Überall findet man diesbezüglich Kompromisse. Ich wünschte mir, dass uns die Entschlüsse oder Vorsätze ("Resolutions") von Jonathan Edwards helfen mögen zu einem entschiedenen Leben für Gott. Jonathan Edwards hat diese Vorsätze im Alter von 20 Jahren geschrieben. Sie sind im Laufe eines Jahres auf 70 Punkte angewachsen und stehen für das Programm seines ganzen Lebens. An dieser Stelle noch vielen Dank an K. Hein für die Hilfe beim Übersetzen. Englische Quelle von hier.
Hier noch das Ganze als PDF.

Die Vorsätze von Jonathan Edwards

Da ich mir dessen bewusst bin, dass ich nichts ohne Gottes Hilfe zu tun vermag, bitte ich ihn inständig und in Demut, mich durch seine Gnade dazu zu befähigen, mich an diese Vorsätze zu halten, sofern sie mit Gottes Willen übereinstimmen, um Christi Willen.
Erinnere dich daran, diese Vorsätze einmal pro Woche durchzulesen.

Allgemeine Berufung in meinem Leben
1. Ich verpflichte mich, dass ich alles tun werde, was immer zu Gottes Verherrlichung dient, und zu meiner Freude, solange ich lebe, ungeachtet des Zeitaufwands, sei es jetzt oder nie, unzählige Zeitalter von jetzt an. Ich habe mich entschlossen, was auch immer nötig ist, zu tun, was ich glaube, was meine Pflicht ist, und was am meisten dem Wohl und dem Allgemeinwohl dient. Ich verpflichte mich dazu, unabhängig davon, auf welche Weise, und auf wie viele oder wie große Schwierigkeiten ich stoße.
2. Ich verpflichte mich, mich fortwährend zu bemühen, neue Hilfsmittel oder Vorrichtungen zu suchen, um die vorigen Dinge zu fördern.
3. Ich verpflichte mich, dass, wenn ich je fallen sollte oder lau werde, d.h. wenn ich eines dieser Dinge vernachlässigen sollte, dass ich Buße tun werde für alles woran ich mich erinnere, sobald ich wieder zu mir komme.
4. Ich verpflichte mich, keine Art von Dingen zu tun, weder im Geist noch mit meinem Körper, außer dem, was Gott verherrlicht; noch werde ich so sein, wie es Gott missfällt, noch so etwas zu dulden, wenn ich es vermeiden kann.
6. Ich verpflichte mich, mit all meiner Autorität zu leben, solang ich lebe.
22. Ich verpflichte mich, mich um meine eigene Freude und die Freude in der Welt zu bemühen, so gut ich kann, mit all der Kraft, Macht, allem Nachdruck und mit Heftigkeit, sogar mit Gewalt, die mir zur Verfügung steht, bzw. die ich ausüben kann, in jeder Weise, die man sich vorstellen kann.
62. Ich verpflichte mich, niemals etwas als meine Pflicht zu tun und dann gemäß Epheser 6:6-8, dies bewusst auszuführen und dem Herrn und nicht Menschen zu gefallen im Bewusstsein darüber, dass etwas Gutes, was der Mensch tut, das er dasselbe vom Herrn empfängt. 25. Juni und 13. Juli 1723.

Gute Werke
11. Ich verpflichte mich, wenn ich denke, dass etwas, was Gott betrifft, eine Theologie, gelöst werden muss, alles umgehend zu tun, um es auszuführen, wenn keine Umstände es verhindern.
13. Ich verpflichte mich, mich zu bemühen, angemessen Gegenstände zu finden, mit denen ich großzügig sein oder Almosen geben kann.
69. Ich verpflichte mich, immer das zu tun, was ich mir wünschen würde dass andere es täten. 11. August 1723.

Zeiteinteilung
5. Ich verpflichte mich, niemals einen Moment Zeit zu verlieren, sondern Zeit, so gut ich das kann, in günstigster Weise zu nutzen.
7. Ich verpflichte mich, niemals etwas zu tun, vor dem ich mich fürchten würde, wenn es die letzte Stunde meines Lebens wäre.
17. Ich verpflichte mich, so zu leben, wie ich wünschte dass ich gelebt hätte, wenn ich sterben würde.
18. Ich verpflichte mich, so allezeit zu leben, wie ich glaube dass es das Beste in meinem bescheidenen Rahmen ist, und wie ich die klarsten Vorstellungen vom Evangelium habe und von der anderen Welt.
19. Ich verpflichte mich, niemals etwas zu tun, vor dem ich mich fürchten sollte, wenn ich erwarten würde, dass meine letzte Stunde gleich geschlagen hat.
37. Ich verpflichte mich, mich jede Nacht, wenn ich zu Bett gehe, zu fragen, wo ich etwas vernachlässigt habe oder welche Sünde ich begangen habe und worin ich mich selbst verleugnet habe; ebenfalls jede Woche, jeden Monat und jedes Jahr. 22. und 26. Dezember 1722 .
40. Ich verpflichte mich, mich jede Nacht vor dem Zubettgehen zu fragen, ob ich in der bestmöglichen Weise gehandelt habe, was Ess- und Trinkverhalten anbelangt. 7 Januar 1723.
41. Ich verpflichte mich, mich am Ende eines jeden Tages und jeder Woche und jedes Monats und Jahres zu fragen, worin ich in irgendeiner Weise hätte besser handeln können. 11 Januar 1723.
50. Ich verpflichte mich, so zu handeln, wie ich es als richtig und am weisesten beurteile, wenn ich in die zukünftige Welt komme. 5. Juli 1723.
51. Ich verpflichte mich, in jeder Hinsicht so zu handeln, wie ich mir wünschte es getan zu haben wenn ich am Ende verdammt würde. 8 Juli 1723.
52. Ich höre häufig Menschen höheren Alters sagen, wie sie leben würden, wenn sie nochmals leben könnten. Ich verpflichte mich, so zu leben, wie ich glaube, dass ich mir wünschen würde, es getan zu haben wenn ich ein höheres Alter erreicht habe. 8 Juli 1723.
55. Ich verpflichte mich, mich zu bemühen, nach Bestem Vermögen so zu handeln, wie ich glaube es tun zu sollen, wenn ich die Glückseligkeit im Himmel gesehen hätte und die Höllenqualen. 8 Juli 1723.
61. Ich verpflichte mich, dass ich Antriebslosigkeit keinen Raum geben werde, von der ich finde, dass sie mein Gewissen entspannt und dass sie aus starrer Religiosität kommt, was auch immer ich für eine Entschuldigung ich dafür haben mag, dass meine Antriebslosigkeit mich das Beste zu tun treibt. 21. Mai 1723 und 13. Juli 1723.

Beziehungen
14. Ich verpflichte mich, niemals etwas aus Rache zu tun.
15. Ich verpflichte mich, nie auch nur an geringsten Ansätzen von Wut und irrationalen Gefühlen zu leiden.
16. Ich verpflichte mich, niemals böse über jemanden zu sprechen, so dass es zu dessen Ehrverlust führt in größerer oder minder großer Weise, es sei denn es wäre für etwas Gutes.
31. Ich verpflichte mich, niemals etwas gegen etwas oder jemanden zu sagen, außer wenn es vollständig mit dem höchsten Grad der christlichen Ehre vereinbar sei, mit der Liebe zur Allgemeinheit, mit der tiefsten Demut und mit dem Bewusstsein meiner eigenen Fehler und Fehltritte und mit der goldenen Regel vereinbar ist; sooft ich etwas gegen jemanden vorgebracht habe, werde ich dies streng diesem Test dieser Verpflichtung unterziehen.
33. Ich verpflichte mich, immer zu tun was ich kann, damit der Friede erhalten, geschaffen und gehalten werden kann, wenn das möglich ist, ohne dass man andere Dinge beeinträchtigt. 26. Dezember 1722.
34. Ich verpflichte mich, bei Erzählungen nichts als die reine und einfache Wahrheit zu sagen.
36. Ich verpflichte mich, niemals böse über jemanden zu sprechen, es sei denn ich habe einen besonders guten Grund dafür. 19. Dezember 1722.
46. Ich verpflichte mich, niemals in geringster Weise mein Unbehagen meinem Vater oder meiner Mutter gegenüber auszulassen. Ich verpflichte mich, an keinen Folgen davon zu leiden, um im Geringsten beim Sprechen, mit meinen Gefühlen oder meinen Augen und darauf besonders in meiner Familie zu achten.
58. Ich verpflichte mich, nicht nur von einem Anflug von Missfallen, schlechter Laune und Wut in Unterhaltungen Abstand zu nehmen, sondern auch eine Atmosphäre der Liebe, Freude und des Segens zu zeigen. 27, Mai und 13. Juli 1723.
59. Ich verpflichte mich, wenn ich mir Provokationen kranker Natur und Ärger bewusst werde, dass ich mich anstrengen werde, mich gut zu fühlen und wohlwollend zu handeln, ja sogar in solchen Momenten Gutes zu tun, obwohl ich weiß, dass es in andren Dingen nachteilig oder unklug wäre. 12. Mai, 2. Juli und 12. Juli.
66. Ich verpflichte mich, dass ich mich anstrengen werde, immer und überall eine segensvolle Sichtweise, eine Atmosphäre und Handels-, sowie Ausdrucksweise auszuüben, es sei denn ich bin gezwungen es anders zu tun.
70. Möge da etwas Wohlwollendes in allem sein, was ich spreche.

Leiden
9. Ich verpflichte mich, viel an mein eigenes Sterben bei allen Gelegenheiten zu denken und an die allgemeinen Umstände, die zum Tode führen.
10. Ich verpflichte mich, wenn ich Schmerz empfinde, an Schmerzen der Märtyrer zu denken, sowie an die Hölle.
67. Ich verpflichte mich, mich bei Bedrängnissen zu fragen, worin ich dadurch besser geworden bin, was ich Gutes dadurch erhalten habe und was ich dadurch hätte Gutes bekommen können.
57. Ich verpflichte mich, wenn ich mich vor Unglück und Missgeschicken fürchte, zu prüfen, ob ich meine Pflicht getan habe und meine Aufgabe hierin zu lösen, und die Furcht loslassen, so gut die Vorsicht es mir sagt, ich werde so gut ich kann über nichts besorgt sein außer über meine Pflicht und meine Sünde. 9. Juni und 12. Juli 1723.


Charakter
8. Ich verpflichte mich, in jeder Hinsicht sowohl im Reden als auch im Tun, so zu handeln, als wäre niemand je so abscheulich gewesen wie ich, und so, als hätte ich dieselben Sünden begangen, oder hätte dieselben Schwächen und Verfehlungen wie andere, und dass ich das Wissen um ihre Verfehlungen zu nichts anderem gebrauche, als um die Scham in mir zu vergrößern und dies als Anlass zu nehmen, meine eigene Sünde und mein Elend Gott zu bekennen.
12. Ich verpflichte mich, wenn ich mich daran erfreue als Belohnung für den Stolz oder Einbildung oder so etwas ähnliches, es dann sofort wegzuwerfen.
21. Ich verpflichte mich, niemals etwas zu tun, was ich, würde ich es jemand anderes tun sehen, als gerechten Grund dafür zählen würde, diesen zu verachten oder auf irgend eine andere Weise schlechter von ihm zu denken.
32. Ich verpflichte mich, exakt und zuverläßig treu zu sein zu dem, was mir anvertraut ist, sodass der Ausspruch von Sprüche 20,6: „wer findet aber einen treuen Mann?“ nicht einmal ansatzweise in mir erfüllt würde.
47. Ich verpflichte mich, mich aus das Äußerste zu bemühen, alles abzulehnen, was nicht möglichst nützlich ist zu einer guten und allgemein süßen und wohlwollenden, ruhigen, friedlichen, zufriedenen, einfachen, anteilnehmenden, großzügigen, demütigen, bescheidenen, maßvollen, gehorsamen, zuvorkommenden,gewissenhaften und fleißigen, wohltätigen, ausgeglichenen, geduldigen, gemäßigten, versöhnlichen, aufrichtigen Stimmung beiträgt; und zu allen Zeiten alles zu tun, was eine solche Stimmung mich zu tun leitet. Ich will jede Woche überprüfen, ob ich so gehandelt habe. Samstagmorgen, den 5. Mai 1723
54. Wann immer ich irgend etwas in einem Gespräch von jemand anderem höre, wovon ich denke, dass es lobenswert sei, verpflichte ich mich, es nachzuahmen. 8 Juli 1723.
63. Unter der Annahme, dass es nie mehr als einen einzigen Menschen zur selben Zeit in der Welt gab, der einwandfrei ein ganzer Christ war in jeder Hinsicht eines rechten Stempels, der das Christsein immer in seinem rechten Glanz erscheinen lässt und ausgezeichnet und lieblich erscheint, von wo aus auch immer sein Charakter betrachtet wird: ich verpflichte mich, genau so zu handeln, als ob ich mit all meiner Macht danach eiferte, der Eine zu sein, der in meiner Zeit lebte. 14. Januar und 3. Juli 1723
27. Ich verpflichte mich, niemals willentlich etwas zu versäumen, es sei denn, die Versäumnis sei zur Ehre Gottes, und (verpflichte mich weiter) regelmäßig meine Versäumnisse zu überprüfen.
39. Ich verpflichte mich, nie etwas zu tun, an dessen Rechtmäßigkeit ich so sehr zweifle, dass ich mir zugleich vornehme, es nachher zu überprüfen, ob es rechtmäßig oder nicht sei, es sei denn, dass ich das Versäumnis desselben gleichermaßen bezweifle.
20. Ich verpflichte mich, die strengste Mäßigkeit im Essen und Trinken einzuhalten.

Heilsgewissheit
25. Ich verpflichte mich, exakt und regelmäßig zu überprüfen, was da in mir ist, was mich im Kleinsten an Gottes Liebe zweifeln lässt ; und all meine Kräfte dagegen anzuwenden.
26. Ich verpflichte mich, alles wegzuwerfen, was ich sehe, dass es meine Heilsgewissheit abnehmen lässt.
48. Ich verpflichte mich, dass ich mit der äußersten Genauigkeit und Eifer und der strengsten Untersuchung den Zustand meiner Seele prüfe, damit ich wissen kann, ob ich wahrliches Interesse an Christus habe oder nicht; sodass ich, wenn ich zum Sterben komme, keine Nachsicht diesbezüglich zu bereuen habe. 26. Mai 1723.
49. Ich verpflichte mich, alles zu tun, dass es niemals dazu kommen möge, wenn ich das beeinflussen kann.

Die Schriften
28. Ich verpflichte mich, die Schriften so ununterbrochen, beständig und häufig zu studieren, dass ich bemerken kann, dass ich in der Erkenntnis jener wachse.

Gebet
29. Ich verpflichte mich, niemals etwas als Gebet zu zählen oder als Gebet durchgehen zu lassen noch als eine Bitte um ein Gebet, was so beschaffen ist, dass ich nicht hoffen kann, dass Gott es erhören wird; noch das als Bekenntnis, wovon ich nicht hoffen kann, dass Gott es akzeptieren wird.
64. Ich verpflichte mich, wenn ich dieses „unaussprechliche Seufzen“ (Römer 8,26) finde, von dem der Apostel spricht, und dieses „Sich-Verzehren der Seele in der Sehnsucht“, von dem der Psalmist spricht, Psalm 119,20, dass ich diese Dinge voranzubringen versuchen werde mit meiner äußersten Kraft, und dass ich dessen nicht überdrüssig sein werde von der ernsthaften Anstrengung, meine Begierden vergehen zu lassen, noch des Wiederholens einer solchen Ernsthaftigkeit. 23. Juli und 10. August 1723.

Der Tag des Herrn
38. Ich verpflichte mich, niemals etwas zu sagen, was spöttisch, verspielt oder der Grund von Gelächter sein soll am Tag des Herrn. Samstagabend, 23. Dezember 1722.

Belebung der Gerechtigkeit
30. Ich verpflichte mich, bis zu meinem Äußersten danach zu eifern, in meinem Glauben voran zu kommen, und die Gnade noch mehr ausüben zu können als die Woche davor.
42. Ich verpflichte mich, regelmäßig meine Hingabe an Gott zu erneuern, welche zu meiner Taufe gemacht wurde, die ich feierlich erneuerte, als ich in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen wurde, und die ich feierlich neu gemacht habe am 12. Januar.
43. Ich verpflichte mich, von nun an bis ich sterbe, nie mehr so zu handeln, als ob ich in irgend einer Weise mir selbst gehören würde, sondern ganz und gar Gott, gemäß dem, was in ihm zu finden ist. Samstag, 12. Januar 1723
44. Ich verpflichte mich, dass kein anderes Ziel als der Glaube irgend einen Einfluss auf irgend eine meiner Handlungen haben soll, und dass es keine Handlung geben soll, unter allen Umständen, die zu irgend einem anderen Ziel verhelfen soll als dem des Glaubens. 12. Januar 1723
45. Ich verpflichte mich, niemals ein Vergnügen oder einen Kummer, Freude oder Sorge, noch sonst irgend ein Gefühl oder ein bestimmtes Ausmaß eines Gefühls, noch einen Umstand, der damit verbunden ist, zuzulassen, wenn es nicht dem Glauben hilft. 12. - 13. Januar 1723

Abtötung der Sünde und Selbstprüfung
23. Ich verpflichte mich, regelmäßig bestimmte Handlungen absichtlich zu tun, welche die meisten höchst unwahrscheinlich getan hätten, zur Ehre Gottes, und diese auf ihre ursprüngliche Absicht, Pläne und Ziele zurückzuführen; und wenn ich dann denke, es sei nicht zur Ehre Gottes, es dann für einen Verstoß gegen die vierte Verpflichtung zu halten.
24. Ich verpflichte mich, wann immer ich etwas feststellbar Schlechtes tue, dies zurückzuverfolgen bis zum ursprünglichen Grund, und dann mich dann genau zu bemühen, beide nicht mehr zu begehen und mit all meiner Kraft gegen den Ursprung davon zu kämpfen und zu beten.
35. Ich verpflichte mich, wann immer ich daran zweifle, ob ich meine Pflicht getan habe, so dass meine Ruhe und Stille dadurch gestört wird, es aufzuschreiben und ebenfalls, wie der Zweifel beseitigt wurde. 18. Dezember 1722.
60. Ich verpflichte mich, wann immer meine Gefühle beginnen, sich außerhalb des normalen Zustands zu befinden, wenn ich mir der geringsten inneren Unruhe bewusst werde oder des geringsten äußeren Verstoßes, dass ich mich dann der exaktesten Untersuchung unterziehe. 4. und 13. Juli 1723.
68. Ich verpflichte mich, alles, was ich in mir finde, ehrlich vor mir zuzugeben, sei es Schwäche oder Sünde, und alles davon, was den Glauben betrifft, auch Gott zu beichten und ihn um die nötige Hilfe anzuflehen. 23. Juli und 10. August 1723.
56. Ich verpflichte mich, niemals aufzugeben, oder im Geringsten nachzulassen in meinem Kampf gegen meine Verderbtheit, egal wie erfolglos ich auch sein möge.

Gemeinschaft mit Gott
53. Ich verpflichte mich, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, wenn ich in der besten und glücklichsten Gemütsverfassung bin, meine Seele auf den Herrn Jesus Christus zu werfen und zu setzen, ihm zu vertrauen und mich gänzlich ihm hinzugeben; damit ich so zur Gewissheit meines Heils komme, indem ich weiß, dass ich meinem Retter vertraue. 8. Juli 1723.
65. Ich verpflichte mich, mich mein ganzes Leben lang sehr darin zu üben, das heißt, mit der größten Ehrlichkeit, die mir möglich ist, meine Wege vor Gott zu verantworten und meine Seele vor ihm offen zu legen: Alle meine Sünden, Versuchungen, Schwierigkeiten, Sorgen, Ängste, Hoffnungen, Wünsche und alle Dinge und jeder Umstand, gemäß der 27. Predigt des Dr. Manton über den Psalm 119. 26. Juli und 10. August 1723
  1. August 1723

Montag, 11. Februar 2013

Gesucht: Treue Mitarbeiter und gute Freunde!

Gesucht: Treue Mitarbeiter und gute Freunde!


Du weißt ja, dass sich von mir alle abgewandt haben, die in [der Provinz] Asia sind, unter ihnen auch Phygellus und Hermogenes. Der Herr erweise dem Haus des Onesiphorus Barmherzigkeit, weil er mich oft erquickt und sich meiner Ketten nicht geschämt hat; sondern als er in Rom war, suchte er mich umso eifriger und fand mich auch. Der Herr gebe ihm, dass er Barmherzigkeit erlange vom Herrn an jenem Tag! Und wie viel er mir in Ephesus gedient hat, weißt du am besten. (2. Timotheus 1, 15 - 18)

Es ist eine bittere Erfahrung, wenn Menschen, die lange Zeit unseren Weg mitgegangen sind, denen wir vertraut haben, sich plötzlich von uns abwenden. Diese Erfahrung müssen wir vermutlich alle irgendwann in unserem Leben machen. Menschen, die wir unsere Freunde nannten, drehen sich um, wenden sich ab, und manchmal schlimmer noch: Sie fangen an, gegen uns zu arbeiten.

Paulus, der hier aus der Todeszelle in Rom schreibt, hat dies wohl ganz besonders bitter erleben müssen. Er schreibt hier von zwei Personen, die ihn in dieser Weise verlassen haben. Zuerst schreibt er davon, dass ihn alle aus der Provinz Asia verlassen hätten. Wie wir wissen, war Timotheus auch in dieser Provinz, und zwar in ihrer Hauptstadt Ephesus als Leiter der Gemeinde tätig. Die Aussage davon ist klar: Timotheus, diese Menschen haben mich alle verlassen, bitte zeige mir, dass doch wenigstens du noch auf meiner Seite stehst, indem du standhaft und mutig bleibst und an meiner Stelle in Ephesus das Wort Gottes verkündigst.

A. Zwei Wege, jemanden zu verlassen
Und dann nennt Paulus zwei einzelne Personen von diesem großen Kreis derer, die ihn verlassen haben. Diese zwei Personen stehen für zwei Arten, wie man jemanden verlassen kann. Phygellus und Hermogenes.

1. Phygellus
Phygellus ist ein griechischer Name und bedeutet „Flüchtling“. Das war also ein Mann, der sich sagte: Wenn dieser Paulus für seinen Glauben zur Todesstrafe verurteilt wird, dann wird mir das zu heiß, dann sehe ich mich lieber nach einem anderen Glauben um, der nicht so lebensgefährlich ist. Oder vielleicht finde ich ja einen anderen christlichen Missionar, der es mit seinem Glauben nicht so ernst nimmt und deshalb von den Römern in Ruhe gelassen wird. Wenn ich dann so einen finde, dann kann ich ja dem helfen. Ihm wurde es um Paulus herum zu gefährlich. Wer natürlich mit jemandem unter-wegs ist, der ein gesuchter Verbrecher ist, da wird es halt schnell mal heiß. Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen. Und das wollte er sich natürlich ersparen. Man denkt dabei auch schnell an den Herrn Jesus, der auch von allen verlassen war bei der Gefangennahme, den Verhören und auch ziemlich einsam am Kreuz von Golgatha hing. So, wie die Jünger Jesu recht schnell Reißaus nahmen, als ihr Herr plötzlich weg war, so war auch Phygellus ein Mann, der nur so lange dabei war, wie es ihm Vorteile brachte. Als die Nachteile plötzlich Überhand zu nehmen schienen, war er weg vom Fenster.

2. Hermogenes
Den Namen Hermogenes kann man auf zwei Arten ableiten. Auf der einen Seite bedeutet er „Nachkomme von Hermes“ (Hermes ist der griechische Gott der Kaufleute und der Diebe), andererseits kann man ihn auch als „der geborene Redner“ übersetzen. Wenn wir diese zwei Bedeutungen zusammensetzen, so können wir uns ein Bild von diesem Mann machen. Er war auf jeden Fall ein Mann, der gut reden konnte, der die Hörer in seinen Bann zog. Paulus hingegen erzählt uns in vielen Briefen, dass er kein guter Redner ist. Er musste seine Rede aus der Kraft Gottes nehmen. Er konnte sich nicht auf seine gute Begabung verlassen, die die Leute mitreißt und umhaut. Dieser Hermogenes war da anders. Ihm fiel es wohl sehr leicht, zu reden und zu überzeugen. Nun hat er sich aber nicht nur von Paulus hinweg abgewandt, sondern man übersetzt den Text hier wohl noch genauer mit „er hat sich weg und gegen mich gewandt“. Im Griechischen ist es so, dass zwei, die zusammen arbeiten, die sind so, als ob sie in die gleiche Richtung schauen. Wegdrehen bedeutet dann auch, dass man sich gegen den anderen dreht und gegen ihn arbeitet. Dieser Mann also, der wortgewandte Hermogenes, der hat seine natürliche Gabe der guten Rede gebraucht, um gegen Paulus zu arbeiten und dadurch Menschen von Paulus und seiner gesunden Lehre abzubringen. Wenn man die Reihenfolge betrachtet, wie Paulus das Ganze beschreibt, so kommt man auch auf den Gedanken, dass dieser wunderbare Redner die Gelegenheit genutzt hat, um die übrigen von der Provinz Asia hinter sich her abzuziehen. Er wird wohl gesagt haben: „Seht mal, der Paulus, mit dem wir lange zusammengearbeitet haben, der ist jetzt gefangen, wie ein Schwerverbrecher. Der muss von Gott bestraft worden sein. Also nehmen wir lieber eine andere Lehre, die den Menschen besser gefällt. Und verschwand aus der Sichtweite.

Menschen wie Phygellus und Hermogenes kennen wir wohl alle. Sie sind ein Teil unseres Lebens, vielleicht Teil der Gemeinde, aber eines Tages passt es ihnen nicht mehr, und sie wenden sich ab. Manche verschwinden einfach wie ein Phygellus, und werden nicht mehr gesehen. Andere fangen an mit Intrigen und machen einem das Leben schwer.

Diesen Leuten wird in unserem Text eine andere gegenübergestellt. Das ist Onesiphorus, ein Mitarbeiter von Paulus aus Ephesus. Sein Name bedeutet „der Nutzbringende“, und wie wir sehen werden, beschreibt Paulus an ihm die wichtigen Qualitäten eines treuen Mitarbeiters und guten Freundes.

B. Der Charakter eines guten Freundes
1. Ihm geht es um seinen Freund Paulus
Zuerst merkt man, dass Paulus durch den Gedanken an den Freund, der ihn als Einziger in diesem Moment nicht verlassen hatte, gestärkt wird. Wenn man den Text im Original liest, so kommt es einem vor, als ob hier die Sprache beginnt zu sprudeln und sich kaum noch halten kann. Die Verse 16 – 18 sind alle ein einziger Satz, der mit einem kurzen Gebet für die Familie seines Freundes beginnt und mit einem zweiten kurzen Gebet für ihn persönlich aufhört. Dazwischen finden wir vier besondere Eigenheiten, die eine treue Hilfe und einen guten Freund ausmachen.

Das Erste, wie wir sehen, ist die Tatsache, dass Onesiphorus seinen Freund stärkt. Ein Freund stärkt und ermutigt schon dadurch, dass er sich Zeit nimmt und für den Freund da ist. Ein Freund nimmt sich Zeit und ist bereit, diese Zeit ohne dafür etwas zu erwarten in den Anderen zu investieren. Man könnte sich jetzt fragen, was es denn bringt, noch in jemanden zu investieren, dessen Tage so sehr gezählt sind, dass er jeden Tag den Tod erwarten könnte. Aber eine echte Freundschaft fragt nicht danach, was der Nutzen ist. Sie fragt nicht danach, was mir der Andere noch geben kann als Gegenleistung für meine Freundschaft und Hilfe, sondern sie tut es, weil sie es als richtig erkennt und die Person als wertvoll erachtet.

Ein Freund ist aber nicht nur da, um passiv zuzuhören und einfach nur Zeit zu verbringen, sondern er hilft auch und ermutigt. Das sehen wir hier, wie Paulus den Onesiphorus beschreibt. „Er hat mich erquickt“, wörtlich übersetzt: „Er hat meine Seele erneuert“. Also: Er hat mich gestärkt, hat mich ermutigt, hat mich auch mal ermahnt, dran zu bleiben und nicht zu verzweifeln und aufzugeben. Er hat dafür gesorgt, dass ich zur Ruhe kommen konnte. Er hat mich so angenommen, wie ich bin. Er hat mir nicht vorgeschrieben, wie ich sein müsse, um es wert zu sein, dass er mein Freund ist.

2. Er ist treu
Als Zweites fällt auf, dass Onesiphorus sich nicht nur hin und wieder als Freund verhält, sondern wir lesen, dass er das oft tat. Er blieb seinem Freund treu. Da haben wir die zweite Charaktereigenschaft: Die Treue. Treue bedeutet, dass man nicht auf die Umstände schaut, sondern sich gleich verhält, egal, was sich gerade entwickelt. Dem guten Onesiphorus wird es bestimmt nicht gefallen haben, dass sein Freund Paulus plötzlich in der Todeszelle sitzt. Aber es hat an seiner Freundschaft nichts geändert. Er tat das, was er zuvor getan hatte, auch weiterhin.

Das Risiko, das Onesiphorus auf sich nimmt, um Paulus zu dienen, ist hier ganz besonders bemerkenswert. Er nimmt das Risiko in Kauf, als Komplize mitgefangen zu werden. In der Zeit war niemand mehr sicher, denn Rom hatte gebrannt, die Christen waren des Brandes beschuldigt worden und ziemlich viele von ihnen sind gefangen und hingerichtet worden.

Wie würden wir damit umgehen? Mit dem Wissen, dass uns unsere Freundschaften ins Gefängnis und sogar ums Leben bringen können? Lieben wir unsere Freunde? Jesus definierte Liebe so: „Größere Liebe hat niemand als die, dass einer sein Leben lässt für seine Freunde.“ (Johannes 15, 13) So ist der Herr Jesus unser Vorbild für einen guten Freund, denn Er hat Sich Selbst hingegeben, bis zum Tod am Kreuz. In Seinem Tod ist unsere Schuld vor Gott bezahlt und in Seiner leiblichen Auferstehung erhalten wir das ewige Leben in der Gemeinschaft mit Gott.

3. Er schämt sich nicht wegen der Ketten
Was noch hinzu kommt, ist der Umstand, dass Paulus als Verbrecher und Staatsgefangener einen schlechten Ruf bekommen hatte. Auch er als sein Freund wird von diesem schlechten Ruf abbekommen haben. Aber das stört ihn nicht. Er nimmt sich selbst nicht so wichtig. Viel wichtiger ist ihm, dass es seinem Freund gut geht. So nimmt er den schlechten Ruf in Kauf und ist bereit, trotz allem da zu sein und den Paulus zu unterstützen.

Wie gehen wir mit der Herausforderung um, dass es Freundschaften gibt, die uns unseren guten Ruf kosten? Manchmal werden auch bei uns in unserem Umfeld Menschen zum Gespött, werden gemobbt, wie verhalten wir uns da? Wenden wir uns ab wie ein Phygellus, und tun, als ob wir die Person nicht kennen? Oder machen wir sogar mit bei dem Gespött und wenden uns – gleich einem Hermogenes – gegen die Person? Oder sind wir bereit, Seite an Seite mit der Person, die es betrifft, den Spott, die Scham, das Leid zu ertragen?

4. Er nimmt die Herausforderung an, Paulus zu suchen
Das vierte, was Paulus über Onesiphorus sagt, ist, dass er die Reise nach Rom auf sich genommen hatte, um ihm zu helfen, aber zuerst hatte er ja gar nicht gewusst, wo Paulus sich befand. Es gab mehrere von diesen unterirdischen Löchern, den Todeszellen, denn zu der Zeit war ja die Todesstrafe auch recht verbreitet. So musste nun der arme Onesiphorus eine recht ausgedehnte Suche auf sich nehmen. Um den Aufwand dieser Suche zu beschreiben, verwendet Paulus zwei Worte, die man am besten mit „unter Anstrengung mit Eifer suchen“ übersetzt.

Ein Freund ist also bereit, Zeit, Kraft und Eifer zu investieren, um den Anderen zu suchen. In unserer Epoche von Handy und Smartphone ist das eine seltene Angelegenheit geworden. Aber nehmen wir uns wirklich noch die Zeit und die Mühe, uns in den Anderen hineinzuversetzen und ihn dort „abzuholen“, wo er ist?


C. Der Lohn eines treuen Mitarbeiters und guten Freundes
So kommen wir nun an den Punkt, wo wir uns fragen müssen: Was bin ich für ein Freund? Bin ich ein Freund wie Phygellus, der seine Fahne in den Wind hängt und mal da und mal dort mithilft, aber nie so richtig weiß, wo er dazu gehört? Oder bin ich ein Freund wie der Hermogenes, der überall seine Vorteile sucht? Der so lange ein guter Freund ist, wie es ihm den Vorteil bringt, der aber genauso schnell beginnen kann, sich gegen den vorigen Freund zu wenden, wenn ihm das mehr Vorteile bringt? Oder bin ich ein Freund wie Onesiphorus, der nicht auf die äußeren Umstände schaut, sondern treu bleibt, für andere da ist, hilft und auch bereit ist, für diese Freundschaft schwere Zeiten zu ertragen? Zweite Frage: Was möchte ich für ein Freund sein?

Ein echter Freund und treuer Mitarbeiter zu sein, kostet. Aber der Segen, den das bringt, ist ebenso sehr groß. Gott sieht, was wir für unsere Mitmenschen tun. So kann Paulus beten: Gott schenke ihm Barmherzigkeit. Gott segne ihn, diesen wunderbaren Freund, meinen Onesiphorus, und seine ganze Familie. Sein Lohn wird groß sein.

Schlusszitat:
Wenn ein Mensch ein weites, liebendes Herz hat, kommen die Menschen zu ihm wie die Schiffe in den Hafen und fühlen sich wohl, wenn sie unter dem Schutz seiner Freundschaft vor Anker liegen.“ Charles Haddon Spurgeon

Freitag, 8. Februar 2013

David und Bathseba

David und Bathseba


Vor langer Zeit in Israel
gab König David den Befehl
zum Kampf mit Ammon auszuziehen
und nicht vor ihnen her zu fliehen.
Der Feldherr Joab, ein treuer Krieger,
er hatte die Leitung, war bald Sieger.
Schon kam die Stadt Rabba als nächste dran,
auch hier zeigte Joab, was er kann.

Der König indes, er blieb zu Hause,
er gönnte sich eine Ruhepause.
Des Abends war er oft auf dem Dach
des Königspalastes, denn das war flach.
Er ging dort umher, und sinnte und dachte,
was denn wohl seine Nachbarschaft machte.
So sah er umher, und suchte Personen,
die in seiner direkten Umgebung wohnen.

Es waren nicht viele, die Männer beim Krieg;
noch immer vor Rabba, wann kam denn der Sieg?
Doch halt – da drüben beim nächtlichen Bade
eine Frau, die sich wusch und streckte gerade.
David konnt' seinen Augen kaum trauen:
Warum war denn sie nicht unter seinen Frauen?
Er kannte sie nicht, doch er wollte sie haben
und sich an ihrem Körper erlaben.

So fragt' er herum, wer sie denn wohl kenne,
bald fand er, dass man Bathseba sie nenne.
Da ließ er sie holen, auf sein Geländ'
und hatte dort seinen One-Night-Stand.
Nachdem sie hinter sich die heiße Nacht,
die sie zusammen haben verbracht,
da ging sie hinüber am nächsten Morgen -
doch siehe, sie war schwanger geworden.

Als nun der König dies hatte vernommen,
da ließ er vom Kampf den Urija kommen.
Er schickt' ihn nach Hause zu seiner Frau,
denn sein Plan schien ihm unheimlich schlau.
Doch Urija wollte treu sein seinem Heer,
er schlief neben Davids Dienern her.
Auch in der zweiten Nacht, voll gutem Wein,
ging er nicht zu seiner Frau hinein.

So schrieb der König einen Brief
an Joab, den Feldherrn, und er rief
Urija, und ließ ihn Joab bringen.
Dort drin stand alles von den Dingen,
die David von Urija wollte:
dass er vorn ans Heer sich stellen sollte.
Der König wollte – ob man's begreif -
den treuen Urija lieber dead als alive.

So geschah es also – Urija stand vorn -
das Kampfgetümmel in rasendem Zorn;
alsbald lag des Königs Opfer im Sande,
und ohne Schuld in seinem Lande
stand König David in seinem Palast,
als er diese neuen Infos erfasst.
Schon bald, als ihre Trauer zu Ende,
nimmt er Bathseba in seine vier Wände.

Doch kurz darauf kommt Nathan rein,
der sollte sein Berater sein,
ein Prophet von Gott gesandt.
So beginnt er auch gleich unverwandt,
und erzählt von zwei Personen,
die in derselben Ortschaft wohnen.
Der Eine reich, mit großen Herden
von Schafen, die alle sein genannt werden.

Der Andere, ein armer Mann,
der sich nicht mehr leisten kann,
als ein einzig Lämmlein klein,
das nahm er in sein Haus hinein.
Er zog es an seinem Tische groß,
und nachts schlief es in seinem Schoß.
Doch eines Tages war's verschwunden:
Der Arme hat's nie mehr gefunden.

Beim reichen Mann gibt’s leckeren Braten,
und das hatte der Arme wohl nie erraten,
ihn reuten die eigenen Schafe doch sehr,
er brauchte jedoch für Besuch zum Verzehr
ein Lamm – und da hat ihm doch gut gepasst,
dass der Arme eins hatte. Und er hat es gefasst.
Da rief der König David: Wehe!
Wenn ich den Reichen jemals sehe!

Der Mann, der solches hat getan,
ihm tue man dasselbe an,
was er dem Lamm hat zugefügt!
Wenn er den Armen so betrügt
und stiehlt von seinem Eigentum,
der hat kein Recht auf weitern Ruhm.
Da sah ihn Nathan an und sprach:
Der Mann bist du, und seine Schmach

Ist die Deine. Das ist der Grund,
weshalb ich heute zu dieser Stund'
zu dir gekommen im Namen des Herrn.
Er hat dir das Deine gegeben so gern.
Deinen Palast, die Herrschaft von Israel.
Doch dir reicht es nicht, denn du gingst fehl
und musstest das Fremde dir holen.
So hast du Urija bestohlen.

Erst seine Frau und dann sein Leben,
das alles konnt' er dir nicht geben,
so hast du genommen, was nicht dein.
So spricht der Herr: Strafe muss sein!
Ewig steht gegen dein Haus das Schwert,
deinen Nachkommen deine Frauen nicht verwehrt.
Deine Familie stürzt du ins Verderben,
so muss dein Sohn von Bathseba sterben!

Da sieht der König, was er hat getan,
wie er seinen Nächsten stellte hintan
und kommt zu sich, gesteht seine Schuld.
Er sieht, wie lange Gott hatte Geduld,
und spricht: Ich habe gesündigt gegen Gott!
Mein Tun war gegen Ihn wie ein Spott!
Und als der Prophet von dannen gezogen,
da hat er seine Knie gebogen:

An Dir allein, HERR, hab ich gesündigt,
habe getan, was Du mir durch Nathan verkündigt.
Ich tat, was ist böse in Deinen Augen,
ich sehe, dass Sünden wirklich nichts taugen.
Wenn Du sprichst, Herr, so bist Du immer im Recht,
und wenn Du richtest, so bist Du gerecht.
Siehe, HERR, in Schuld bin ich geboren,
ohne Deine Güte und Gnad' verloren.

Siehe, in Sünde wurde ich empfangen
von meiner Mutter, in Sünde nun gefangen
Siehe, nach Wahrheit steht Dein Verlangen,
Wahrheit im Innersten, das lässt mich bangen.
HERR, lass mich erkennen, was weise,
sag es mir im Verborgenen leise.
Reinige mich, HERR, von meinen Taten,
mit Ysop, der Du mich hast beraten.

Wasche mich, HERR, mit allem Fleiß,
damit wie Schnee ich werde weiß.
Lass mich hören Freudenschrei,
Jubel und noch mehr dabei,
damit meine zerschlagenen Glieder
in Jubel singen Dir Lieder.
Verbirg vor allen meinen Sünden,
HERR, Dein Angesicht, lass finden

mich in Deinen Augen Gnaden,
und lösche aus die Missetaten.
Ein reines Herz erschaffe mir
o Gott und einen Geist, der Dir
von Neuem fest will bleiben,
mein Inn'res zu Dir treiben.
O HERR, ich bitt': Verwirf mich nicht
von Deinem teuren Angesicht.
Und den Geist Deiner Heiligkeit:
nimm Ihn nicht von mir im Streit.

Frei nach 2. Samuel 11 und 12 und Psalm 51

08. 02. 2013, Jonas Erne

Dienstag, 5. Februar 2013

Warum Gott kennen?

In unseren Tagen ist die systematische biblische Lehre verpönt. Wir hören lieber Geschichten, als uns mit dem zu befassen, was uns die Bibel über Gott lehrt. James I. Packer gibt in seinem Buch "Knowing God" eine wunderbare und sehr herausfordernde Antwort, weshalb es dennoch notwendig ist. Nachdem er eine der sehr frühen Predigten Spurgeons (jener war 20 Jahre alt, als er sie hielt) über die Wichtigkeit der Beschäftigung mit dem Wesen Gottes zitiert, führt er aus:

""But wait a minute", says someone, "tell me this. Is our journey really necessary? In Spurgeon`s day, we know, people found theology interesting, but I find it boring. Why need anyone take time off today for the kind of study you propose? Surely a layperson, at any rate, can get on without it? After all, this is the twentieth century, not the nineteenth."
A fair question!  - but there is, I think, a convincing answer to it. The questioner clearly assumes that a study of the nature and character of God will be unpractical and irrelevant for life. In fact, however, it is the most practical project anyone can engage in. Knowing about God is crucially important for the living of our lives.
As it would be cruel to an Amazonian tribesman to fly him to London, put him down without explanation in Trafalgar Square and leave him, as one who knew nothing of English or England, to fend for himself, so we are cruel to ourselve if we try to live in this world without knowing about the God whose world it is and who runs it. The world becomes a strange, mad, painful place, and life in it a disappointing and unpleasant business, for those who do not know about God. Disregard the study of God, and you sentence yourself to stumble and blunder through life blindfold, as it were, with no sense of direction and no understanding of what surrounds you. This way you can waste your life and lose your soul."
(James I. Packer, Knowing God, Hodder & Stoughton, London, Sydney, Auckland, 1993, S. 16 - 17)

Auf deutsch (eigene Übersetzung):
"„Warte eine Minute“, sagt jemand, „erkläre mir mal folgendes: Ist unsere Reise wirklich nötig? In den Tagen, als Spurgeon lebte, da fanden die Leute die Theologie interessant, wie wir wissen, aber ich finde sie langweilig. Warum sollte sich jemand heutzutage Zeit nehmen für die Art der Beschäftigung, wie du sie vorschlägst? Ein Laie [einer, der nicht Theologie studiert hat] kommt bestimmt auch ohne klar? Auf jeden Fall leben wir doch im 20. Jahrhundert und nicht im 19.“
Eine gute Frage! Aber ich denke, es gibt eine überzeugende Antwort darauf. Derjenige, welcher die Frage stellt, geht sicher davon aus, dass die Beschäftigung mit der Natur und dem Charakter Gottes etwas Unpraktisches und Irrelevantes für unser Leben sein wird. Tatsache ist aber, dass es das absolut praktischste Projekt ist, mit dem man sich überhaupt beschäftigen kann. Gott zu kennen ist grundlegend wichtig, um unser Leben leben zu können.
Genau so, wie es brutal wäre, einen Stammesangehörigen vom Amazonas mit dem Flugzeug nach London zu bringen und ihn ohne Erklärung beim Trafalgar Square [der zentrale Platz in London, durch diverse große Straßen, die daran vorbeiführen, auch gefährlich] abladet, und ihn verlässt als jemand, der weder Englisch versteht, noch England kennt, damit er für sich selbst sorgen muss, so sind wir brutal zu uns selbst, wenn wir versuchen, in dieser Welt zu leben, ohne den Gott zu kennen, dessen Welt es ist und der sie am Laufen hält. Die Welt wird zu einem fremden, verrückten und schmerzvollen Ort, und in ihr zu leben zu einer enttäuschenden und unerfreulichen Aufgabe für die, welche Gott nicht kennen. Wenn du die Beschäftigung mit Gott vernachlässigst, so verurteilst du dich selbst dazu, blind durch das Leben zu stolpern und zu fallen, so wie es ist, wenn du kein Gefühl für die Richtung und kein Verständnis für das, was dich umgibt, hast. Auf diese Weise kannst du dein Leben verschwenden und deine Seele verlieren."