Taunton,
Larry Alex, The Faith of Christopher Hitchens. The Restless Soul of
the World's Most Notorious Atheist. 224S. Kindle-Ausgabe. Link
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Christopher
Hitchens war einer der sogenannten „vier apokalyptischen Reiter der
Nicht-Apokalypse“, also einer der bekanntesten vier „Neuen
Atheisten“, zusammen mit Richard Dawkins, Daniel Dennett und Sam
Harris. Larry Alex Taunton ist Autor und Direktor der Organisation
„Fixed Point Foundation“ (ungefähr „Stiftung des festen
Punkts“), welche den christlichen Glauben vertritt und dazu
Debatten organisiert und weltweit reist, um an anderen Orten an
solchen Debatten teilzunehmen. Eine spezielle Zusammensetzung ist in
dieser Freundschaft zu finden, und genau darum geht es in dem Buch.
Taunton möchte uns ermutigen, solche speziellen Freundschaften zu
suchen und zu wertschätzen. Gleich zu Beginn schreibt er dazu: "I
speak exclusively to Christians when I say this: how are we to
proclaim our faith if we cannot even build bridges with those who do
not share it?"
(Kindle-Position 100)
Taunton beschreibt diese Freundschaft, aber er sieht auch, dass es
Christen gibt, welche ihm diese Freundschaft nehmen möchten, und
behaupten, ein Christ könne nicht mit einem Atheisten befreundet
sein.
Zuerst
beschreibt Taunton das Leben Hitchens'. Dieser war in eine Familie
hineingeboren, die gerade am Aufsteigen war. Der Vater war ein
einfacher Mann, aber er war im Krieg bei der Armee tätig. Die Mutter
wollte unbedingt ihren Kindern einen weiteren sozialen Aufstieg
ermöglichen und sparte an allen Ecken und Enden, damit die beiden
Söhne eine anständige Privatschule und danach die Universität
besuchen konnten. Die Schule war streng religiös, sodass Hitchens
einen Hass auf Gott entwickelte. Taunton schreibt: "Every
despot in history has claimed to be a man of principle, a champion of
the people, but their principles were carefully chosen to match a
seething hatred, be it hatred for one’s neighbor, the ruling class,
or the Jews. Christopher hated God and was determined that he should
master and tyrannize him. To do so, however, he now needed the tools
of warfare. In atheism he had found a principle that corresponded to
his grievance. Now he had to weaponize it."
(Kindle-Pos. 412) Worte
haben Macht, und Christopher entdeckte diese Macht früh. In diesen
Schulen war Sport etwas sehr Wichtiges, aber da der junge Christopher
eher schwächlich und „mädchenhaft“ (er nennt sich selbst
„girlish“) war, trug seine Abneigung zum Sport zusätzlich dazu
bei, stattdessen die Macht der Worte in Debatten und in schriftlichen
Auseinandersetzungen zu schulen. Er wurde ein extremer Linker, der
als Journalist und politischer Agitator rund um den Erdball reiste.
Wer seine Artikel liest, sieht auf den ersten Blick einen sehr weit
belesenen Mann. Doch der erste Blick trügt: "Words
as weapons. Reeling bullies. Turning the tide of public opinion. This
must all be remembered when we watch Christopher Hitchens in debate.
The danger here—and Christopher fell wholeheartedly into its
snares—was developing a love of words insofar as they were weapons
for attack and defense of his position, rather than loving words
insofar as they lead to truth. This, I believe, resulted in
Christopher’s wide but not deep reading. [...] Rather than
submitting to his professors’ systematic teaching and training of
his mind, his reading was defined by predetermined goals: he looked
for supportive assertions, witty repartee, and selective facts for
ammunition. He remembered only what he could use. Consequently, he
never really studied the great books and the great questions in real
depth."
(Pos. 490) Was ihm fehlte,
war die systematische Auseinandersetzung mit dem Gelesenen. Nur
wenige Autoren kannte er wirklich, da er meist nur las, um Munition
für seine Meinung zu finden. Was nicht seiner Ansicht entsprach,
wurde geflissentlich überlesen.
Lange
Zeit war sein Leben von diesen zwei Dingen beherrscht: linksextreme
Politik und Journalismus. Doch dann kam die Wende – und zwar eine
Wende, bei welcher ich mich selbst wiedergefunden habe. Der 11.9.2001
markiert die Wende in Hitchens' Leben. Nun wurde er zu einem
Suchenden. So ähnlich ist es mir auch ergangen – nur dass sich die
Antworten in entgegengesetzter Richtung ergeben haben. Vom
Linksextremen wurde Hitchens zum Unterstützer der
Anti-Terror-Politik George W. Bushs und zugleich zum militanten
Atheisten. Gehörte der Atheismus bei ihm bisher einfach zu seinem
Leben dazu, wurde er nun ein bestimmendes Element. 2007 gab Hitchens
ein Buch heraus mit dem Titel „god is not great“ (die dt.
Übersetzung bekam den Titel „Der Herr ist kein Hirte“) und damit
wurde er zugleich auch als New Atheist bekannt. Dieses Buch war der
erste Moment, in welchem Larry Alex Taunton auf Hitchens aufmerksam
wurde. Er organisierte mit seiner Fixed Point Foundation eine Debatte
zwischen Hitchens und John Lennox. Dies wurde der Beginn dieser ganz
besonderen Freundschaft, welche im Rest des Buches geschildert wird.
In
dieser Freundschaft entdeckte Taunton einen ganz anderen Hitchens als
derjenige, der auf der Bühne zu brillieren wusste. Einen Hitchens,
der eigentlich auf der Suche ist. Einen Hitchens, dessen Atheismus
Teil seiner Selbstdarstellung ist, der sich in seinem Innersten aber
nicht vollständig bewusst ist, was das bedeutet. Taunton hat auch
mit Richard Dawkins, Michael Shermer und Peter Singer Debatten
organisiert und kannte sich deshalb ziemlich gut aus, was die
Positionen dieses Mainstream-Atheismus sind. So beschreibt er, wie
Hitchens auf diese Auseinandersetzungen reagierte: "I
recall once asking Christopher [Hitchens] if man was, in his view,
born good or bad. His answer was emphatic: “Man is unquestionably
evil.” I had asked that question of other atheists. Richard Dawkins
spoke of genetic predispositions. Michael Shermer referred to social
conditions. Peter Singer rejected the idea of such moral constructs.
None of them had answered the way Hitchens did. They couldn’t. At
least they couldn’t and remain consistent in their atheism.
Christopher readily accepted that this was in contradiction to his
atheism. He was then midstream of his philosophical transition and
hadn’t yet worked out the details."
(Pos. 1200)
"Christopher
was not the atheist ideologue I had supposed him to be from reading
god Is Not Great and listening to his lectures and debates. An
ideologue will adhere to his given dogma, no matter what. He places
ideas above people because he deems them more important than people.
In this he really thinks he is morally courageous because he
subordinates his feeling for what he believes is the greater good."
(Pos.
1661)
"Christopher
Hitchens was a searcher. In search of a unifying philosophy of life,
atheism offered nothing. In more honest moments, Christopher would
acknowledge this “joylessly, humorlessly, gloomily,
pessimistically.” Patriotism, at least, was something. In it were
virtues that appealed to the elder Christopher Hitchens if not the
younger—tradition, honor, loyalty, and commitment to a cause beyond
oneself—and, yet, it was an uncomfortable compromise. Patriotism
alone was not a system of thought. It could not provide the answers
he wanted to the larger questions of life. It was, he knew, a half
measure. Hence, he considered accessorizing it with science on the
one hand and religion on the other. His approaches to religion,
Christianity really, were what Nicodemus’s might have been had he
come to see Jesus by day rather than by night: as that of reporter or
critic rather than as a would-be disciple. Hitchens was not as
certain about his atheism, whatever his public professions to the
contrary."
(Pos. 2563)
2010
wurde bei Hitchens Speiseröhrenkrebs diagnostiziert, und Taunton war
einer der ersten, die es erfahren durften. In der darauffolgenden
Zeit unternahmen Taunton und Hitchens zwei längere Autofahrten, bei
welchen sie zusammen im Johannesevangelium lasen und darüber
miteinander sprachen. Kurz vor dem Tod Hitchens' wurde noch einmal
eine Debatte organisiert, in welcher sich die beiden Freunde
gegenüberstehen durften. Kurz danach starb Hitchens. Man weiß
nichts darüber, was aus den Worten geworden war, die Taunton mit ihm
teilte. Es gibt kein Zeugnis davon, dass er sich bekehrt hätte. Aber
es gab auch nicht das Gegenteil davon – so sehr es sich die anderen
Atheisten auch gewünscht hätten: "The
atheist side wanted a saint, a man who would endure to the very last,
courageously facing death in a way that—if he could just hold
out—would show them that it could be done, quieting their own
doubts about the hereafter. And, at first, Hitchens seems to be
assuming that role. But he began introducing doubts, rather than
hoped-for verities. In the same interview with Jeffrey Goldberg,
Christopher leaves the door not simply cracked, but wide open to “a
Prime Mover or a higher intelligence.” Much more than attacking the
idea that there is a god, Christopher attacks the “man-made”
notion that anyone speaks on that entity’s behalf. This is hardly
the stuff of a public conversion, but neither is it the conventional
atheist dogma he usually spouted."
(Pos. 2731)
Es
ist ein Buch, das mich enorm mitgenommen hat in die Welt dieser
Freundschaft. Zwei so unterschiedliche Männer mit so
unterschiedlichen Ansichten, die sich dennoch mit sehr viel Respekt
begegnen können. Eine echte Männerfreundschaft, die so tief geht,
dass man sich nicht ständig sehen muss, und trotzdem einander zuerst
Mitteilung macht, wenn man eine einschneidende Erfahrung im Leben
macht, wie etwa die Krebsdiagnose. Lassen wir uns von Taunton zu
solchen Freundschaften ermutigen!
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