Wie kommt es,
dass immer mehr Gemeindebünde von der Bibelkritik unterwandert und
verseucht werden? Wie kommt es, dass auch immer mehr Evangelikale die
Ergebnisse der bibelkritischen Theologie gut finden? Ich zähle im
Folgenden einige Gründe auf (es gibt natürlich noch mehr), von
denen ich denke, dass sie häufig dazu führen, dass sich Menschen
der Bibelkritik öffnen.
1. Der
Wunsch, die Bibel besser zu verstehen
Ich glaube, dass
der häufigste Grund derjenige ist, dass Menschen die Bibel noch
besser verstehen möchten. Sie meinen, dass die Methoden der
Naturwissenschaft auch bei der Bibel zu besserem Verständnis führen
können. Wenn man den Lauf der Sterne besser erklären kann, indem
man jede übernatürliche Beeinflussung ausschließt, dann könnte
dasselbe ja auch für die menschliche Geschichte und das Verständnis
der Bibel gelten. Der Wunsch führt leider oft so weit, dass man die
Bibel besser verstehen will, als Jesus Christus sie verstanden hat.
Jesus Christus hat das ganze Alte Testament als von Ihm persönlich
durch Seinen Geist inspiriert und unfehlbar betrachtet. Wer mit Jesus
gegen die Bibel argumentieren will, argumentiert mit Jesus gegen
Jesus.
2. Der
Wunsch, ein positives Gottesbild zu bekommen
Es gibt
Menschen, die verzweifeln an ihrem Gottesbild, das sie angeblich aus
der Bibel haben wollen, bei welchem sie aber manche biographischen
Erlebnisse in bestimmte Begriffe der Bibel hineininterpretieren. Und
nun meinen sie, dass die historisch-kritische Bibelauslegung ihnen
helfen kann, mit ihren Gottesbildern klarzukommen. Zumeist sind diese
sehr einseitig – und werden dann durch wiederum andere sehr
einseitige, aber nun ins Gegenteil pervertierte Gottesbilder ersetzt.
Ob das der Weisheit letzter Schluss ist, sei nun mal dahingestellt.
3. Der
Wunsch, die eigenen Zweifel zu rechtfertigen
Häufig
studieren Menschen Theologie, die von ihrem Charakter her schon immer
alles gut überdacht und hinterfragt haben. Nun wird ihnen im Studium
eine Reihe von Methoden geliefert, die ihnen helfen, ihren Zweifel
nicht mehr als etwas Negatives, sondern als eine notwendige
Voraussetzung für das theologische Arbeiten zu sehen. Damit wird der
Zweifel vergötzt und zu einem falschen Zweck instrumentalisiert.
Leider wird in vielen Gemeinden und Jugendkreisen auch heute noch vor
dem Zweifel gewarnt. Hier sehe ich eine zum Teil berechtigte
Komponente der universitären Theologie, dass sie versucht, den
Studenten die Angst vor dem Zweifel zu nehmen. Leider fällt sie
damit jedoch auf der anderen Seite vom Pferd, indem sie den Zweifel
zur Methode macht (darüber wird in einem späteren Blogpost noch die
Rede sein).
4. Der
Wunsch, Menschen zu Jesus zu führen
Vielfach sind
junge Menschen auch vom Wunsch beseelt, viele Menschen zu Jesus
führen zu wollen, und das ist ein enorm wertvoller Wunsch. Doch
dieser Wunsch kann auch dazu führen, dass Menschen versucht sind,
die enge Pforte und den schmalen Weg breiter zu machen als Jesus sie
gemacht hat. Das führt zu einer Umdeutung oder Vernachlässigung von
echter Buße, Bekehrung und Wiedergeburt. Es wird zu einer billigen
Gnade und einem verdrehten Evangelium, das psychologisch statt
soteriologisch (die Erlösung betreffend) gedeutet wird. Der Mensch
wird in den Mittelpunkt gestellt, während Gott an die Peripherie
gedrängt wird. Theologie wird zur Anthropologie und das Evangelium
zu einer Wunscherfüllungsmaschinerie menschlicher Sehnsüchte. Wer
hingegen am altrauhen Evangelium von Gottes Zorn, Sünde, Buße,
Himmel und Hölle, Erlösung und stellvertretendem Sühnopfer
festhält, wird als Pharisäer abgestempelt, der dagegen versucht,
die Messlatte möglichst hoch anzusetzen, um sich selbst besser und
geliebter zu fühlen, indem alle anderen ausgegrenzt werden. Am Ende
gilt Gottes Zorn nur noch jenen altmodischen Wörtlichverstehern, die
nichts von der Bibel kapiert haben.
5. Der Wunsch
nach Anerkennung
Das Streben nach
Anerkennung sitzt in jedem Menschen. Deshalb ist es auch so leicht,
dem Druck der sogenannten „Wissenschaftlichkeit“ nachzugeben. Wer
publizieren will, ist diesem Druck sehr schnell ausgesetzt. Wer
lehren will, wird auch auf die Vorgaben der gerade herrschenden
Vorstellung von Wissenschaftlichkeit geprüft. Da hier auf der
universitären Ebene nun mal die historisch-kritische Methodik
gehört, ergibt sich ein Teufelskreis von Lehrenden und Lernenden,
der immer tiefer in den Strudel bibelkritischer Methodik hineinführt.
6. Der
Wunsch, es sich nicht zu einfach zu machen
Das Leben ist
kompliziert. Oder zumindest scheint es vielen Menschen kompliziert zu
sein. (Mal Hand aufs Herz: Könnte es nicht sein, dass wir es uns oft
selbst zu kompliziert machen?) Deshalb darf es im Leben auch keine
einfachen Antworten geben. Alles muss mit einem „Ja, aber...“
versehen werden. Die historisch-kritische Methodik ist ein Arsenal an
Möglichkeiten, wie man dabei vorgehen kann, um sich das Leben schwer
zu machen. An die Stelle des einfachen, kindlichen Vertrauens in Gott
und Sein Wort tritt ein neues, geradezu päpstlich-unfehlbares
Lehramt der Bibelkritik, das für jedes Wehen des Zeitgeistes eine
individuelle, diesen gleichsam aufnehmende, Antwort zu bieten hat.
Das kostet viel Kraft, viel Zeit und viel Geld für Leerstellen –
pardon: Lehrstellen – im universitären Bereich. Aber zumindest
muss sich dann niemand den Vorwurf gefallen lassen, man würde es
sich zu einfach machen.
7. Der
Wunsch, selbständig denken zu wollen
„Das wird man
ja wohl noch denken dürfen!“ „Die Gedanken sind frei!“ „Wir
sind zur Freiheit unseres Denkens berufen!“ Die Vergötzung des
menschlichen Verstandes, der sich selbst das Gesetz sein will,
autonom, unabhängig von jeder äußeren Vorgabe, nimmt viele Züge
an. Die historisch-kritischen Methoden bieten viele Werkzeuge, die
dem Menschen helfen, in der Bibel zu finden, was sie von ihr zu
finden erwarten. Überraschung hält sich in Grenzen, ist doch der
Mensch auf sich selbst zurückgeworfen, wenn er sich zum Maßstab für
das macht, was er finden will. Natürlich gibt es hin und wieder
kleinere Überraschungen, die dann frenetisch gefeiert werden, als
würden sie eine neue Reformation bedeuten. Doch nicht selten stellt
sich nach etwas Nachdenken heraus, dass es sich lediglich um eine
leicht abgeänderte Form eines Gedankens handelt, der schon vor
Jahrhunderten geäußert, damals aber vor der Kirche abgelehnt wurde.
Entsprechend ergeben sich dann Forderungen, man müsse diese früheren
Personen rehabilitieren.
8. Der
Wunsch, alles besser zu machen als frühere Generationen
Es ist gut, wenn
Menschen aus früheren Fehlern zu lernen versuchen. Doch ist nicht
alles ein Fehler, was heute als Fehler gesehen wird. Häufig ist der
Wunsch nach Rebellion gegen alles Frühere Vater des Gedankens. Doch
die Bibel macht klar, dass Rebellion eine Zaubereisünde ist (1Sam.
15:23). Die Idee, man sei besser als frühere Generationen führt zu
Stolz und dem Denken, man sei besser als das Frühere. Hier wäre
deutlich mehr Demut und eine bessere Kenntnis des Früheren vonnöten.
Eng damit verbunden ist auch das Denken, man lebe heute in einer nie
zuvor dagewesenen Zeit, die nach neuen Ideen und einer neuen
Theologie verlange, die für die Menschen unserer Zeit annehmbar sei.
Was dabei unter den Teppich gekehrt wird, ist die Tatsache, dass die
echte, biblische, einzig und ewig gültige Wahrheit noch nie für die
Menschen irgend einer Zeit annehmbar war. Sie war den Griechen eine
Torheit und den Juden ein Anstoß. Das wird heute nicht anders sein.
Den Modernen eine Torheit und den Postmodernen ein Anstoß. Davor
müssen wir keine Angst haben, Jesus Christus ist derselbe, gestern,
heute und in Ewigkeit.