Ich
bin gerade dabei, die Franklin-Biographie
von Walter Isaacson zu verdauen. Vermutlich werde ich dazu
mehrere Blogposts brauchen – schaun mer mal. Das Erste, was ich
ganz spannend finde, ist die vielseitige Persönlichkeit von Benjamin
Franklin. Er war ein Mann, der sich selbst sein Leben lang immer
wieder „neu erfunden“ hat, man könnte sagen, eine „liquide“
oder „flüssige“ Persönlichkeit. Seine Autobiographie hat er aus
der Sicht des alten, weisen Mannes geschrieben und dadurch einige
Dinge gerade gebügelt, damit sie sich besser anhörten. Natürlich
hat er auch über seine Fehler geschrieben, aber so, dass sich aus
seiner späten Sicht besser anhörte. Seinen Erfolg hat er einem
optimalen Zusammenspiel dieser Fähigkeit zur Anpassung, aber auch
seinen unveränderlichen Lebenszielen und -tugenden zu verdanken. Er
hatte sich immer wieder Maximen aufgeschrieben. Bei diesen ging es
ihm darum, sich selbst perfektionieren zu können. Ähnlich wie auch
Jonathan Edwards mit 19 Jahren seine 70 „Resolutions“
aufgeschrieben hat. Im Unterschied zu Franklin wusste Edwards darum,
dass er Gottes Hilfe benötigen würde. Franklin wollte sich selbst
dorthin bringen, wo er sagen konnte, dass er sich perfekt an seine
Vorsätze gehalten habe.
So
will er etwa „extrem sparsam“ sein, wenn er noch eine Schuld zu
begleichen hat, immer die Wahrheit sagen und nichts versprechen, was
er nicht halten kann, in allem immer fleißig zu sein und nicht zu
versuchen, schnell reich zu werden, da Fleiß und Geduld der richtige
Weg zum Wohlstand sind, aber auch dass er nie von jemandem
fälschlicherweise schlecht reden will. Das waren seine ersten
Vorsätze, die er sich schon als junger Mann vorgenommen hatte.
Später kamen noch weitere hinzu. Diesen Vorsätzen wusste er sich
verpflichtet. Es waren Tugenden, die er unter allen Umständen
aufrecht erhalten wollte. Er war sich aber auch bewusst, dass er es
nicht immer schaffte. Diese Tugenden waren das feste Fundament seines
Lebens, an denen er sich orientierte. Und hier wird es auch gerade
für uns Menschen heute interessant. Wir haben die Tugenden durch
Werte ersetzt. Werte können sich ändern und tun es auch beständig.
Franklin hatte dank diesen Tugenden, die sein Leben fixierten, die
Möglichkeit, sich selbst ständig an neue Umgebungen, Kulturen und
Herausforderungen anzupassen. Wenn sich aber auch das Fundament (die
Werte) ständig ändern, so befindet man sich auf einem sinkenden
Schiff: Man ist nur noch darum bemüht, im Chaos irgendwie zu
überleben und passt dem entsprechend auch die Werte immerzu neu an
die Situation an. Die Standhaftigkeit im Leben fehlt dadurch.
Franklin
war Drucker, Verleger, Entdecker, Erfinder, Diplomat, Politiker und
manches mehr. Dadurch kam er immer wieder in neue Gesellschaften und
in neue soziale Gefüge hinein. Die Tugenden gaben ihm eine
Festigkeit „nach unten“, sodass er sich an diese neuen
Gegebenheiten anpassen konnte. In den amerikanischen Kolonien (später
USA) war es gut, dass er seinen Fleiß zur Schau tragen konnte. Dort
war dies wichtig. Doch als er später in Frankreich lebte, traf er
auf eine ganz andere Kultur. In Frankreich war man auch fleißig,
aber was man zur Schau stellen musste, war das Spielerische, die
Freude, das Party feiern, und so weiter. Er konnte sich problemlos
daran anpassen, ohne dass er dadurch weniger produktiv geworden wäre.
So hat er sich sein Leben lang immer wieder „neu erfunden“.
Unsere Zeit versucht sich ständig neu zu erfinden, ohne festes
Fundament und ohne Tugenden zu haben. Das Resultat ist verheerend:
Man weiß gar nicht, wer man ist und ist dazu verdammt, sein Leben
lang sich um sich selbst drehend nach seiner Identität zu suchen.
Hier wird deutlich, wie sehr unsere Zeit das Evangelium braucht, das
uns Tugend und Identität, Gewissheit für alle Ewigkeit und mit der
ganzen Heiligen Schrift, der Bibel, ein zuverlässiges Fundament
schenkt.
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