Bereits
Friedrich Nietzsche hat vom Tod Gottes geschrieben. Was hat er damit
gemeint? Er hat in seiner Zeit und seinem Umfeld eine Stimmung
wahrgenommen, die mit dem tiefen Nachdenken über Gott und die Welt
abgeschlossen hatte. Er lebte in einer Zeit des Umbruchs, man könnte
sagen einer Stimmung, die von vielen internen Widersprüchen und
Inkohärenzen geprägt war. Diese Stimmung beinhaltete einerseits
einen Glauben an den Fortschritt, der durch immer neue Erfindungen
und Entdeckungen gespeist wurde. Gerade der Darwinismus hatte ein
neues Gebiet eröffnet, in welchem der Mensch sich gottgleich fühlen
konnte. Endlich war eine Möglichkeit gefunden, wie man die Welt ohne
göttliches Eingreifen erklären zu können glaubte. In diese
Allmachtsphantasie hinein schrie Nietzsche: Gott ist tot! Wir haben
ihn getötet, ihr und ich! Wir haben die Erde von der Sonne
losgekettet!
Tatsächlich
– was bleibt uns noch übrig, nachdem wir Gott aus dem Leben und
der Welt ausgeklammert haben? Der Mensch – so Nietzsche – ist ein
„Heerdenthier“, ein Tier, das in der Herde lebt und von den
Stärksten geführt werden muss. Das Christentum ist für ihn eine
Religion mit einer „Sklavenmoral“, weil dort Nächstenliebe,
Barmherzigkeit, Vergebung statt eigenmächtiger Vergeltung und
menschliche Rache gepredigt wird. Er sieht den Ursprung des
Christentums im babylonischen Exil und im späteren römischen Reich,
wo das jüdische Volk keine eigene Rechtsprechung hatte, sondern
entweder als Sklaven der Babylonier deren Willkür ausgesetzt oder
später als Bewohner des römischen Reichs der dortigen
Rechtsprechung unterworfen war. In diesem Klima habe sich der Gedanke
ausgeprägt, dass das Schwache durch die Schwachheit das Starke
überwinden könne. Und dann sieht Nietzsche, wie dieses Denken im
Laufe der Jahrhunderte ausgehöhlt worden war. Die Menschen sind
selbständiger geworden, haben begonnen, autonom zu denken, haben
sich gegen die herrschenden Klassen aufgelehnt, und plötzlich sind
die Schwachen zu Starken geworden. Diese Umkehr hat das Fundament des
Christentums aufgeweicht.
Verlassen
wir einen Moment Nietzsche und werfen einen Blick in die Geschichte.
René Descartes hat versucht, zur Wahrheit zu kommen, indem er alles
angezweifelt hat. Am Ende gelangt er zum Schluss, dass alles
bezweifelt werden kann, außer die Tatsache, dass er denkt. Zweifeln
beinhaltet denken, somit ist seine Gewissheit: Ich denke, also bin
ich. Auf diesem Wissen baut er dann seine ganze Argumentation auf,
bis er am Schluss auf diesem Fundament sein Argument für Gott
aufbaut. Mit diesem Schritt hat die Umkehr begonnen: Plötzlich ist
nicht mehr der Mensch von Gott abhängig, sondern der Mensch steht im
Zentrum und Gott wird nun ausgehend vom Menschen „verteidigt“.
Dieser Schritt wurde in den darauffolgenden Jahrhunderten zementiert,
bis hin zu Immanuel Kant, der ihn zugleich vervollständigt aber auch
auf den Kopf gestellt hat. Kant hat sich gefragt: Was kann der
menschliche Verstand leisten? Er ging davon aus, dass der Mensch
alles, was er durch seine Sinne aufnimmt, nicht nur passiv wahrnimmt,
sondern bereits aktiv verarbeitet. So sind Raum und Zeit nicht
unbedingt etwas, was real außerhalb von uns stattfindet, sondern
diese sind das Gerüst, in dem das Wahrgenommene verarbeitet werden.
Mit anderen Worten: Für Kant ist es der Mensch selbst, der die
Realität im Verstand schafft, und zwar ohne dass er das beeinflussen
kann. Wahrnehmung ist somit relativ geworden.
Vermutlich
ist es jetzt leichter, zu verstehen, was Nietzsche seiner Zeit sagen
wollte: Die echte Philosophie hat uns jetzt nichts mehr zu sagen. Sie
kann uns kein festes Fundament mehr geben, in welchem wir eine
transzendente und allgemein gültige Ethik schaffen können. Unserer
Vernunft sind Grenzen gesetzt. Seit Darwins Beobachtungen sind wir
nun auch noch zu Tieren mutiert, zwar gut entwickelten Tieren, aber
mehr auch nicht. Gott ist tot, unsere Denker und Wissenschaftler
haben ihn getötet und wir sind ganz allein im endlosen Weltall
zurückgeblieben, in einem kleinen Winkel im riesengroßen Nichts.
Wir haben keine Menschenwürde, denn diese muss eine Erfindung des
Christentums sein. Was uns jetzt noch bleibt, ist die Hoffnung auf
die Evolution. Die Hoffnung, dass es eines Tages eine bessere
Menschheit gibt. Für Nietzsche ist die jetzige Menschheit nur der
Übergang zum Übermenschen und das Beste am jetzigen Menschen wird
dann sein, wenn er nicht mehr ist, sondern ausgestorben und vom
Übermenschen abgelöst sein wird. Die einzige Frage ist, wie man
dorthin kommt. Und da fand er seine Lebensaufgabe. Es gab nämlich
nur sehr wenige Menschen, die ihn darin verstehen konnten, deshalb
schrieb er seine Bücher immer „für die Wenigen“. Er sah sich
selbst als einen der wenigen, die ein solches Wissen hatten, das die
Menschheit dorthin bringen konnte, über sich selbst hinauszuwachsen.
Dazu mussten alle Werte im Leben überdacht und neu bewertet werden.
Nietzsche
war auch ein erklärter Feind des demokratischen Gedankens. Das
Denken, dass alle Menschen gleich seien, stammte für ihn auch aus
der christlichen Sklavenmoral. Das führte nur dazu, dass die
Schwachen und Dummen dieser Welt bestimmen könnten, wohin man geht.
Man könnte ihn den ersten Postdemokraten nennen. Die Herdentiere der
Menschheit brauchten ihm zufolge starke Führer, die ihre Völker
autoritativ und ohne Widerspruch zu dulden ans Ziel führten. In
unserer Zeit findet sich dieses Denken leider auch wieder. Politiker
wie Putin, Erdogan oder auch Trump finden dort ihre Anhänger, weil
sie sich in der Politik Leute wünschen, die auf den Tisch hauen
können und sich durch verbale Lautstärke auszeichnen.
Auch
der deutsche Philosoph Martin Heidegger war so ein Postdemokrat. Bei
ihm gehörte die Unterstützung der Revolution gegen die
demokratische Weimarer Republik zum Leben dazu. Er war einer der ganz
frühen Unterstützer des Nationalsozialismus, und zwar weil für ihn
dieses Revolutionäre im Leben das Leben erst lebenswert macht.
Seiner Meinung nach war das echte philosophische Denken am Ende
angelangt, weil die Wissenschaft nun diesen Teil übernommen hätten.
Was blieb, war eine Lücke, die von einer starken Regierung gefüllt
werden musste. Mit Heidegger und dem Ende der Philosophie habe ich
mich hier
(Link) etwas eingehender befasst. In einer Vorlesung sprach er
1930 davon, dass die Langeweile zur Grundstimmung der Republik
geworden sei und man deshalb nach dem rufen müsse, der dem Dasein
einen Schrecken einjagen könne.
Es
ist klar, dass nun ein Vakuum herrscht. Über dieses Vakuum habe ich
bereits vor
ein paar Tagen hier geschrieben. Lautstärke, totalitäres Gehabe
und Wutanfälle sind kein Substitut für ethisches Handeln oder
Regieren. Was wir brauchen, ist tiefes Nachdenken über Gottes Wort
und eine biblische Weltsicht mit einer bibeltreuen, klaren Ethik.
Kein Jota der ganzen Bibel wird jemals hinfällig werden. Nietzsche
sagte zwar, dass Gott tot sei, doch nun ist Nietzsche längst tot und
viele Menschen bezeugen Gottes Eingreifen in ihrem täglichen Leben
auf vielerlei Weise. Das ist einer von vielen Hinweisen, dass Gott
dieses Vakuum ausfüllen kann und will. Was wir brauchen, ist eine
weitere Reformation oder eine Erweckung. Eine Rückkehr zum einen,
dreieinen Gott der Bibel. Eine Rückkehr zu Gottes Wort, der Bibel.
Eine Rückkehr zum wörtlichen Verständnis der Bibel, bei welchem
deren Ereignisse und Worte als historisch echt und von Gott
vollkommen inspiriert betrachtet werden. Gott liebt uns und möchte,
dass wir Ihn lieben. Von ganzem Herzen, mit all unserer Kraft und
nicht zuletzt auch mit unserem ganzen Verstand.
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