Was
ist ein Wert? Wert hat etwas mit Seltenheit und Kostbarkeit zu tun.
Wenn ich eine Arbeit erledige, die nur 100 andere Personen erledigen
können, so ist sie wertvoller, als wenn es 10 Millionen gibt, welche
dieselbe tun können. Oder wenn sie viel Vorarbeit braucht, so ist
sie auch wertvoller, als wenn sie keine solche benötigt.
Es
waren die Werte der christlichen Weltanschauung, welche die
abendländische Kultur für viele Jahrhunderte geprägt haben. Dabei
kann man nicht vom „christlichen Abendland“ sprechen, sondern
lediglich vom mit christlichen Werten durchsetzten Abendland. Im Zuge
der Aufklärung wurde versucht, diese Werte ohne Christentum zu
propagieren. Spätestens Friedrich Nietzsche hat gezeigt, dass dies
nicht möglich ist. Wenn man wie er schon kein Christentum wollte,
dann müsse man auch auf all diese Werte verzichten. So versuchte er
gegen Ende seines Lebens alle möglichen Werte zu durchdenken und auf
eine neue Basis zu stellen, die sich an der griechischen Antike und
nicht am „orientalischen“ Christentum orientierten. Erschienen
ist dieses Werk nie; nach seinem Tod wurden die unfertigen Notizen
dazu durchgesehen und veröffentlicht.
Nietzsche
war ein einsamer Rufer in einer überaus optimistischen Zeit. Das
christliche Weltbild hat eine Grundlage geschaffen, welche seit dem
Zeitalter des Humanismus zu immer neuen Entdeckungen, Forschungen und
Erfindungen führte. Die Industrialisierung war zu Nietzsches Zeiten
weit vorangeschritten, der Mensch glaubte, keine Grenzen zu haben.
Dieser Optimismus führte so weit, dass man dachte, man brauche in
dieser Zeit der Vernunft keinen Krieg mehr zu fürchten. Und dann
brach er doch herein, verwüstete viele Landstriche und führte zur
Verzweiflung.
Die
Zeit der Weimarer Republik war zunächst eine Zeit der Erholung, doch
schon bald kam der nächste Schock: Sanktionen,
Weltwirtschaftskrisen, Arbeitslosigkeit, und dazu eine Regierung, die
alledem nicht gewachsen war. Der Ruf nach einem „starken Mann“,
der den Karren aus dem Dreck zieht, wurde laut. Wohin das führte,
wissen wir alle.
In
den Jahren nach dem 2. Weltkrieg wurde es immer stiller um die Werte.
Im Kino gab es nicht mehr den Helden, sondern den Anti-Helden. Man
könnte regelrecht von einer Angst vor Werten, Tugenden und Helden
sprechen. Es durfte nur noch schlechte Vorbilder geben, von denen man
sagen konnte: Hauptsache anders als die! Egal wie, nur anders als die
vor uns!
An
die Stelle von Werten, Tugenden und Helden sind Diskurse,
Gleichgültigkeit und Waschlappen getreten. Hauptsache man redet
miteinander. Hauptsache wir haben uns alle lieb. Hauptsache wir legen
uns nicht mehr fest. Wenn alles gleich gültig ist, dann ist auch
alles gleichgültig. Weil es keine Wahrheit gibt oder niemand diese
wirklich erfahren kann, sind wir zu einer wertlosen
Wegwerf-Gesellschaft geworden.
Und
dann geschehen Dinge, die uns plötzlich doch wieder überzeugen,
dass es gut und böse, richtig und falsch, wahr und unwahr gibt und
dass es möglich sein muss, dies zu unterscheiden.
Wie
können wir in dieser Zeit leben? Wie können wir unserer nächsten
Generation wieder echte Werte und Tugenden mitgeben? Wie können wir
ihr zu Vorbildern und Helden werden?
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