Dienstag, 12. Juni 2007
Lieber
Andy,
ich
weiß, Du wartest schon ganz neugierig auf den Brief von heute. Am
liebsten hättest Du jeden Tag einen. Aber weißt Du, zwischen den
Briefen tut es Dir gut, immer wieder genügend Zeit zu haben, um über
das nachzudenken, was ich Dir geschrieben habe und um meine Tipps
umzusetzen. Ich habe mich riesig gefreut, als Du letzte Woche Deine
Eltern gefragt hast, was für sie derjenige bedeutet, der alles
gemacht hat. Da hast Du sie ganz schön nachdenklich gemacht. Frage
sie ruhig weiter darüber aus. Ihr werdet zusammen noch viel mehr
Antworten finden.
Ich
schreibe Dir heute aus einem ganz bestimmten Grund. Ich habe gesehen,
wie die Nachbarskinder am letzten Samstag zu Dir kamen und mit Dir
eine Bande gründen wollten. Mit anderen Menschen Zeit zu verbringen
ist etwas wirklich Gutes. Aber bitte passe gut auf, mit wem Du Dich
befreundest. Gute Freunde sind wichtig, und wir alle brauchen sie.
Jedoch ist es immer so, dass unsere Freundschaften auch uns selbst
verändern. Sie machen etwas mit unserem Charakter, da wir viel Zeit
mit Freunden verbringen. Dann wird der Charakter Deiner Freunde etwas
mehr wie der von Dir und der von Dir etwas mehr so wie der von Deinen
Freunden. Deshalb: Suche Dir Menschen als Freunde aus, die einen
Charakter haben, der so ist, wie Du werden möchtest.
Schau
mal, Andy, die Kinder der Familie nebenan, was haben sie vor? Sie
wollen sich zusammentun, um andere Leute zu ärgern. Es ist gut, auch
mal zu lernen, Geheimnisse zu haben. Aber das müssen schon gute
Geheimnisse sein. Nichts Verbotenes. Sie wollen sich mit anderen
jungen Menschen zusammen stärker fühlen, um bei anderen Nachbarn im
Garten Ball zu spielen und Dinge kaputt zu machen. Stell Dir mal vor,
wenn sie so erwachsen und groß und stark werden, dann wird niemand
mehr vor ihnen sicher sein. Aus kleinen Streichen werden plötzlich
Diebstähle und Raubüberfälle. Das kommt nicht gut. Sie wollen,
dass Du Dein Taschengeld mit ihnen zusammenlegst, damit ihr euch
gemeinsam größere Sachen kaufen könnt. Aber passe auf, sie werden
nur versuchen, Dich übers Ohr zu hauen. Das wäre doch schade um
Dein schwer erarbeitetes Taschengeld.
Lieber
Andy, bedenke diese Dinge, wenn Du ihnen Bescheid gibst, ob Du
mitmachst. Ich habe schon viele Leute auf diese Weise in ihr eigenes
Verderben rennen sehen. Es tut mir weh, dabei zuschauen zu müssen,
und ich würde mir für Dich etwas Besseres wünschen. Wer Unrechtes
tut, wird am Ende immer dafür bezahlen müssen. Und wer einmal wegen
so etwas gefasst wurde, wird nur sehr schwer wieder den Weg in ein
normales Leben finden.
Andy,
ich schreibe Dir diesen Brief, weil ich das Beste für Dich möchte.
Jeder von uns macht immer wieder Fehler. Wir alle. Aber wir müssen
nicht jeden möglichen Fehler selbst machen. Dafür ist unser Leben
zu kurz. Außerdem gibt es Fehler, die so groß sind, dass wir oder
andere Menschen ein Leben lang darunter leiden müssen. Erinnerst Du
Dich, als vor zwei Wochen im Fernsehen berichtet wurde, dass ein
junger Autofahrer mit Alkohol einen Unfall gebaut hat, bei dem jemand
anders schwer verletzt wurde? Das ist Dir immer wieder durch den Kopf
gegangen. Warum dieses Leid? Warum musste das sein? Es war deshalb,
weil ein Mensch einen Fehler gemacht hat, der nicht nötig gewesen
wäre. Verstehst Du jetzt, warum ich Dir heute schreibe? Ich wünsche
mir, dass Du aus den Fehlern anderer lernen kannst und nicht alle
selbst machen musst. Bitte denke daran.
Ich
werde Dir wieder schreiben, Andy. Ich freue mich, dass Du bis hierhin
gelesen hast und bin sicher, dass Du die richtige Entscheidung
treffen wirst.
Liebe
Grüße
Dein
K. S.
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