In diesem zweiten
Hauptteil stellen vier Personen ihre persönlichen Krisen vor, die
vor allem mit ihrer Weltanschauung zu tun haben.
Jo-Ann Badley –
Leben als eine Verbannte
Ihre Geschichte ist
relativ kurz zu fassen. Sie schreibt:
„As a young person
in the UCC, I made a commitment to God, but it was a commitment I did
not hold to through my high school years. When I left home for
university, I considered myself agnostic. At university I came into
contact with a more vibrant form of Christian faith through
InterVarsity Christian Fellowship. […] I began to attend an
evangelical church and was baptized.“ (S. 106)
Da sie feministisch
eingestellt war, gefiel ihr diese Gemeinde nicht lange, da sie
meinte, dass Frauen zu schlecht behandelt würden. Stattdessen geht
sie mit ihrem Mann ans Regent College in Vancouver und beschäftigte
sich mit den biblischen Sprachen und der Gender-Frage. Schließlich
fand sie ihre Heimat in einem Glauben, den sie „postliberal“
nennt: „Postliberalism
takes seriously that the task of theology is to restate faithfully
the saving actions of our God and to think carefully about what it
means for the community in this new time.“ (S. 109) Allerdings
wird nicht klar, was diese Definition mit Liberalismus oder gar mit
Post-Liberalismus zu tun haben sollte. Es ist mal wieder so, dass
sich jeder darunter vorstellen können soll, was ihm gerade gefällt.
Im nächsten Schritt geht
sie weiter und erklärt, warum sie sich auch in der heutigen
Gesellschaft als eine Verbannte fühlt:
„As a Christian in
Canada at the start of the 21st century, I
see many parallels between my life and the experience of exiled
Israel. In particular, the secularization of my society and the
resulting devaluation of communities of faith is analogous. […]
Likewise I live surrounded by people whose life values and religious
traditions are different from mine. I hear the words of God to
Jeremiah, another exilic prophet, calling Israel to build houses and
plant gardens among the aliens, to seek the welfare of the new
place.“ (S. 110) Auch wenn man hier sehen muss, dass die Frau
Badley exegetisch ziemlich „badl(e)y“ arbeitet, hat sie in einem
recht: Wir müssen Wege finden, um in dieser säkularistischen
Gesellschaft leben zu können. Dennoch sind die Ansätze der meisten
emergenten Theologen nicht gerade hilfreich dazu.
Badley gebraucht dann ein
Bild von einem Baum, bei dem Christus der Stamm ist und dessen dünne
Äste für die Lehren stehen, über die man sich streiten könne.
Jeder sei woanders auf dem Baum, und jeder sehe den Baum anders. Hier
kommt sie zum Heiligen Geist:
„I think of the Holy
Spirit as the person of God who helps me to choose a wise place to
sit in the tree and gives me the grace to be humble given the variety
of branches and the expanse of green I see all around me.“ (S.
112) Auch wenn sie damit nicht ganz falsch liegt – aber an ihrer
Pneumatologie sollte Frau Badley noch arbeiten.
James F. Engel –
Eine Suche nach christlicher Authentizität
Engel war ein
professioneller Marketingstratege. Ein sehr eifriger Sucher nach
stets mehr Erfolg. Er war Professor an sehr guten Business-Schulen
und ein Pionier in Sachen Kundenforschung. Er war schon immer mit
seiner Familie in einer Gemeinde, aber zunächst hauptsächlich
passiv. Mit der Zeit wurde er entdeckt und begann, bei
Evangelisationsveranstaltungen mitzumachen. Er wurde in der Gemeinde
ähnlich erfolgreich wie an der Universität. Dann allerdings kam es
zu einer Wende:
„Matters came to my
head in the early 1980s when I found myself outwardly successful but
inwardly bankrupt. Through an invaluable period of counseling,
reflection, and receiving help from others, I found myself on an
all-new pilgrimage, having my outlook on life and ministry reshaped,
a process that continues today.“ (S. 121)
Engel zählt danach vier
Dinge auf, die er als „kontaminiert vom Modernismus“ betrachtet:
A great Commission
fraught with great omissions: Nebst der Evangelisation und der
persönlichen Heiligung gehöre auch die soziale Transformation der
Gesellschaft zu unserem Auftrag.
A misplaced confidence
in human initiative, reasoning and strategy: Marketingmethoden
für den Glauben, sowie die Denkweise, dass Größe (Zahlen /
Quantität) immer auch für Qualität stünde.
Unwarranted
evangelical triumphalism: Das Problem, dass immer wieder
triumphierend gesagt würde, wie kurz wir vor dem vollständigen
Vollbringen des Missionsbefehls seien.
The practice of
putting programs before people: Engel spricht von einer „Great
Commission machinery“ und führt dazu aus: „This mentality
still prevails in many churches and organizations. Sadly it carries
over from the factory era in modernism and is characterized by
top-down command and conformity.“ (S. 125)
Diesen vier Problemen
setzt Engel jetzt zwei Aussagen gegenüber:
Christ came to
establish and extend his Kingdom: Engel spricht sich dafür aus,
dass das ganze Leben vom Evangelium durchdrungen werden muss und der
Missionsbefehl nicht nur unsere Bekehrung betrifft, sondern all unser
Tun.
His primary method is
spontaneous expansion of the local church: Diese Überschrift hat
Engel dem gleichnamigen Buch von Roland Allen entnommen. Wichtig sei
die Ortsgemeinde, in welcher ein Leben nach dem Evangelium vorgelebt
werden soll, das dann andere Menschen gewinnen kann.
Zwei Aussagen, die nicht
von der Hand zu weisen sind, aber die Kritik an den „etablierten
Gemeinden“, die das angeblich anders sehen sollen, ist sehr unklar
und trifft nicht wirklich.
Frederica
Mathewes-Green: Zweimal befreit: Eine persönliche Reise durch den
Feminismus
Eins vorweg: Für mich
ist diese Geschichte ein erster positiver Höhepunkt des Buches. Sie
beginnt mit den Worten: „My faith as a child was Christian. As
an adult woman, I am Christian again. But in the middle I was
something else: a feminist.“ (S. 134)
Wie kam es dazu, dass sie
Feministin wurde? Als sie begann, für die College-Schülerzeitung zu
schreiben, sollte ihr erster Beitrag über den Feminismus sein.
Damals wurde das noch „women's lib“ genannt (lib für liberation,
also Befreiung). Bei einem ersten Interview mit einer Feministin
begann ihr das Gehörte zu gefallen, und so schloss sie sich diesem
Glauben an („I was ready to believe in something.“).
Diese Bewegung wollte
eine Bewegung gegen die Kultur sein, doch als sie wuchs, wurde sie
plötzlich zu einem Teil der Kultur: Frauen bekamen immer mehr
Rechte, kamen in die oberen Gremien, hatten plötzlich mehr Macht,
Geld, gute Positionen, und so weiter. Damit konnte Mathewes-Green
allerdings nicht viel anfangen. Ihre Suche ging weiter: „My
search for something deeper was not going to be satisfied by a
women's movement that lusted after earthly power; I was truly looking
for a counterculture.“ (S. 137)
Auf dieser Suche kam sie
erneut zu Jesus Christus. Sie schreibt: „A month after
graduation, our hitchhiking honeymoon brought my husband and me to
Dublin. The late afternoon light was glaring as we stepped inside a
dusty church and stood there blinking. I walked over to examine a
white marble statue in the back: Jesus pointing to his Sacred Heart,
which was twined with thorns and springing with flames. I remembered
the words from Sunday school: „Behold the heart that has so loved
mankind.“ A few minutes later I realized I was on my knees. When I
stood up, I was a Christian.“ (S. 137f)
An dieser Stelle möchte
ich ganz kurz auf etwas eingehen, was mir wichtig ist. In mehreren
von den Geschichten kommt die Kunst vor. Spencer Burke war (bzw. ist
natürlich immer noch) ein Künstler. Und Frederica Mathewes-Green
wurde durch eine Marmorstatue an die Sonntagsschule erinnert und kam
durch diese Erinnerung zum Glauben. Was wir brauchen, ist eine neue
Liebe zur Kunst, die ein Ausdruck dessen ist, was der Mensch ist,
nämlich im Ebenbild Gottes geschaffen.
Mit der Zeit begann sie
auch den „christlichen Feminismus“ in Frage zu stellen. Hier noch
einen ganz bemerkenswerten Absatz von ihr dazu: „Most of my
Feminisdt for Life buddies clung to the label, insisting that it was
legitimate particularly in light of the pro-life convictions of
19th-century feminist founders. But, as a writer, it worried me to
use a word in ways outside the common understanding. Humpty Dumpty
told Alice that he could make a word mean whatever he wanted „by
paying it extra“, but I didn't agree. The purpose of language is to
communicate, and any living language grows according to its common
use, not according to the dictates of partisan hijackers or an
Academie.“ (S. 140) Diesen Abschnitt und insbesondere den
letzten Satz sollte sich jeder „postmodern“ und jeder
Dekonstruktionist einmal ganz gut auf der Zunge zergehen lassen: The
purpose of language is to communicate, and any living language grows
according to its common use, not according to the dictates of
partisan hijackers or an Academie.
So begann sie sich vom
Feminismus an sich zu verabschieden: „I began to see that
feminism was bad for me. It inculcated feelings of self-righteousness
and judgmentalism. It filled me with self-perpetuating anger. It
blinded me to the good that men do and the bad that women do. It made
me think that men and women were enemies, when we actually have a
mutual Enemy – who delights in any human discord.“ (S. 143)
Damit hat sie nun
vollkommen recht – und das kann auch nicht von einer Emma Watson in
Frage gestellt werden, egal wie unschuldig sie dabei lächelt.
Earl Creps –
Weltanschauungstherapie
Eine
Geschichte aus der Pfingstbewegung. Earl Creps wurde zum Pastor einer
kleinstädtischen Assemblies of God Gemeinde ausgebildet. Er
beschreibt dies so: „I became an apprentice. The senior pastor
was a mentor to me, the church was wonderful, and the professional
growth was outstanding. But something else was happening, something
that I never saw coming. The hippy Jesus freak of my youth was
cooling off into a right-from-thefactory, shrink-wrapped Assemblies
of God minister. I was becoming P.C. - Pentecostally Correct. […] I
preached many services that were „Pentecostal“ only because
someone had the nerve to launch an utterance in tongues during the
pause between the slow songs and the announcements.“ (S. 150f)
Je
länger er dort war, desto klarer sah er, dass sich sein Umfeld
veränderte und immer mehr „postmodern“ zu denken und leben
begann. So machte er sich auf die Suche, um diesen Postmodernismus
besser verstehen zu können. Inzwischen bietet er eine Art „Worldview
Therapy“ an, um anderen zu helfen, sich besser in „postmoderns“
hineinversetzen zu können.
Eine
Aussage aus seinen „Worldview Issues“ fand ich besonders
hilfreich: „Postmodernism is essentially a folk religion. The
average postmodern knows nothing of French literary criticism and
can't even spell Foucault. He or she is practicing an eclectic,
almost superstitious spirituality that squares nicely with the
definitions of folk religion that missiologists have been using for
many years. Thinking of postmodernism that way makes everything
simpler and less frightening.“ (S. 158)
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