In
einem früheren
Blogpost habe ich uns Evangelikale aufgerufen, eine neue Vision
von der Schönheit Gottes zu erhalten. Dort schrieb ich:
Wir
brauchen eine erneuerte Vision von Gottes atemberaubender Schönheit.
Unsere Generation lechzt nach Schönheit; und hier können wir aus
der Kirchengeschichte lernen. Augustinus von Hippo, Jonathan Edwards,
Blaise Pascal und C. S. Lewis hatten wie kaum jemand anderes eine
solche Vision von der Schönheit Gottes. Für sie alle war Schönheit
der Grund, warum man nach Gott verlangen soll. Besonders auf
Schriften von Jonathan Edwards können wir zurückgreifen, um eine
solche Vision von Neuem zu erlangen.
Ich
möchte hier ein paar Gedanken von Jonathan Edwards zusammentragen
und sie für unsere Generation verständlich machen, indem ich ihn
nicht wörtlich zitiere, sondern seine Gedanken in eigene Worte fasse
und mit Beispielen zu erklären versuche.
Objektive
Schönheit?
In
unserer Zeit ist es leider auch unter Christen üblich geworden, zu
sagen, dass die Schönheit eine Sache des Geschmacks sei. Nun ist es
ja tatsächlich so, dass man sich den Geschmack derart verderben und
pervertieren kann, dass man Dinge schön finden kann, die es
eigentlich nicht sind. Als Christen ist der Fall klar: Die Bibel
kennt objektive Schönheit. Zum Beispiel ist die Stiftshütte und all
ihre Geräte und Teile in wunderschöner Weise angeordnet und
angefertigt. Aber auch die Natur ist voll objektiver, wunderbarer
Schönheit. Deshalb die nächste Frage:
Was
ist Schönheit?
Jonathan
Edwards definierte Schönheit als Harmonie und Einheit verschiedener
Dinge. In anderen Worten: Einheit in Vielfalt und Vielfalt in
Einheit. Nehmen wir zum Beispiel ein Bild. Ein schönes Bild
beinhaltet eine Vielfalt an Farben und Formen; aber es ist nicht die
Vielfalt, die Schönheit ausmacht, sondern die Harmonie und Einheit
dieser Vielfalt. In einem Kunstmuseum habe ich einmal eine ganze
Leinwand gesehen, die in einem einzigen Rotton bemalt wurde. Einem
Maler für Wandanstriche hätte das alle Ehre gemacht, aber als Kunst
ist es ganz schön fragwürdig. Hingegen ein Bild von einem
Sonnenaufgang ist schön, weil es eine Harmonie und Einheit
verschiedener Farben und Formen ist.
Gottes
Schönheit: Drei in eins
Wenn
wir nun weiter auf Jonathan Edwards hören, so ist es Gottes
Schönheit, die Gott zu Gott macht. Für ihn sind alle anderen
Eigenschaften Gottes aus Seiner Schönheit abgeleitet. Ich möchte
darauf ein anderes Mal zurückkommen, was das genau bedeutet. Für
heute ist die folgende Aussage wichtig: Gottes Schönheit ist Gottes
Einheit in Gottes Vielfalt, nämlich weil Er ein Gott in drei
Personen ist: Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist. Drei
Personen, die zusammen der eine Gott sind. Das ist geheimnisvoll, und
wird es wohl auch noch bleiben, solange wir hier auf dieser Erde
leben. Wir werden danach noch die ganze Ewigkeit lang Zeit haben,
diese Geheimnisse Gottes zu ergründen.
Die
Perfektion der Schönheit: LIEBE
Für
Edwards stellt sich die Frage, was die höchste Form der Schönheit
ist. Wenn die Schönheit eine Einheit und Harmonie von
unterschiedlichen Personen ist, dann ist die Liebe deren höchste
Form. Die Liebe ist also die höchste Form der Einheit und Harmonie
zwischen Personen. Das wusste bereits David, der diesen Gedanken in
einen Psalm goss: Siehe,
wie fein und wie lieblich ist's, wenn Brüder in Eintracht beisammen
sind!
(Ps. 133, 1)
Einheit
und Sprache
Ich
komme nun auf eine Sache zu sprechen, die Jonathan Edwards noch nicht
kannte. Für ihn und seine Zeit war klar, dass die Sprache die
Aufgabe hat, Inhalte in einer verständlichen Form zu transportieren.
Seit der Sprachphilosophie des 20. Jahrhunderts ist dies nun anders.
Sprache wird „dekonstruiert“ und „rekonstruiert“. Ich bin
auch mit dem Denken aufgewachsen, dass die Sprache ein Mittel sei, um
Macht zu bekommen und zu sichern und deshalb die Sprache mit neuem
Inhalt gefüllt werden müsse. Das Problem dabei ist, dass man damit
keine Einheit schaffen kann. Der falsche Gedanke dahinter ist, dass
man alles so formulieren müsse, dass jeder sich der Formulierung
anschließen kann. Das führt zu einem nichtssagenden, verwässerten
Wörterbrei, der niemals Einheit schaffen kann. Vielmehr führt diese
Vorgehensweise längerfristig zu Missverständnissen, weil jeder
denken kann, dass sein Verständnis des Textes richtig war. So wird
es am Ende mehr Unfrieden geben. Wenn wir tatsächliche Einheit
wollen, müssen wir uns über Inhalte unterhalten. Biblische Einheit wird es
nur da geben, wo wir uns darüber einig werden, was das Evangelium
tatsächlich genau ist (und was nicht).
Einheit
und Vielfalt
Wohin
man sieht, wird Einheit und Vielfalt als Gegensatz gesehen. Im
dreieinen Gott der Bibel sind diese Gegensätze vereint. Der
christliche Glaube ist deshalb die Antwort auf alle dringenden Fragen
und Probleme unserer Zeit. Die Moderne hat versucht, alles in eine
Einheit zu zwängen und in eine Weltformel zu bringen. Als Antwort
darauf schwang das Pendel in die entgegengesetzte Richtung; für
einen kurzen Moment war das Denken der sogenannten „Postmoderne“
vorherrschend: Vielfalt ohne Einheit. Bloß kein Metanarrativ. Jede
Kultur und jede Gruppe hat in ihrem Kontext ihre eigene Wahrheit.
Auch dieses Weltbild konnte sich nicht lange halten. Inzwischen ist
mit dem Neuen Atheismus wieder eine neue Bewegung unterwegs, die
versucht, auf die dringende Frage nach der Wahrheit eine Antwort zu
geben. Deren Antwort: Ohne Religion sei alles besser.
Ein
Überblick über die viele der verbreiteten Religionen zeigt, dass
auch deren Antworten nicht imstande sind, Einheit und Vielfalt unter
einen Hut zu bringen. Im Islam dominiert die Einheit. Allah darf nur
einer, nur eine Person sein. Die Ummah, das heißt die weltweite
islamische Gesellschaft oder Gemeinschaft, soll immer gleichartiger
werden. Unterschiede sind per se schlecht, je ähnlicher die Menschen
sich sind, desto besser. Im Fernen Osten ist es gerade umgekehrt. Im
Hinduismus und im Buddhismus gibt es so viele Erlösungswege wie es
Menschen gibt. Da muss jeder seine eigene Erleuchtung suchen und
finden, und zwar auf teilweise ganz gegensätzliche Art und Weise.
Das Problem dabei ist nur, dass jeder sehr unter Druck gesetzt ist,
diese Erlösung zu finden. Es gibt keine Heilsgewissheit. Niemand
kann einem tatsächlich sagen, dass man auf dem richtigen Weg ist.
Das macht die Gesellschaft sehr egoistisch. Jeder sucht nur nach dem
Seinen.
Deshalb
ist der dreieine Gott der Bibel die Antwort. Hier müssen wir noch
eines klarstellen: Die Bibel kennt nicht „die goldene Mitte“, so
als ob es um 50% Einheit und 50% Vielfalt geht. Wenn man eine Skala
macht, wo auf der einen Seite das Extrem Einheit und auf der anderen
Seite das Extrem Vielfalt steht, so ist das Christentum nicht in der
Mitte dieser Skala, sondern außerhalb. Es geht Gott nämlich nicht
um 50/50 oder so etwas, sondern um 100% Vielfalt und 100% Einheit.
Gott hat uns Menschen nach Seinem Bild geschaffen, in all unserer
Vielfalt und Einheit, und das dürfen wir feiern.
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