Für die April-Ausgabe der BFP-Zeitschrift GEISTbewegt! durfte ich wieder einen Artikel verfassen. Wer die Möglichkeit hat, sollte ihn möglichst in der Papier-Ausgabe lesen, da das gesamte Layout sehr gut geworden ist.
Biblisch
Familie leben – heute?
Nachdem die Evangelische
Kirche Deutschland letztes Jahr eine Orientierungshilfe zum Thema
herausgegeben hat, bewegt diese Frage viele Gemüter: Wie sieht das
biblische Familienleben aus? Können – oder sollen – wir nach
diesem Ideal streben? Ist es überhaupt ein Ideal? Wie könnte
biblisches Familienleben im 21. Jahrhundert aussehen? Und wie kann
die örtliche Gemeinde die Familien darin unterstützen?
Familie in der Bibel
Zunächst müssen wir
sehen, dass das, was wir heute unter dem christlichen Familienbild
verstehen, in der Bibel kaum oder nur als Ausnahme zu finden ist. In
der Bibel gibt es Familie nicht als Definition von „Vater, Mutter
und Kinder“. Vielmehr ist die Familie als eine Lebensgemeinschaft
vorausgesetzt, die aber zugleich auch eine Lern- und
Arbeitsgemeinschaft ist. Die Familie wird in der Bibel das „Haus“
genannt. Dieses Haus umfasste oft mehr als zwei Generationen, daneben
aber auch nähere Verwandtschaft und die Angestellten, also die
Diener oder Sklaven des Hauses. Da immer wieder Menschen recht früh
gestorben sind und dadurch wieder neue Ehen geschlossen wurden, war
das, was wir heute eine „Patchwork-Familie“ nennen, schon immer
weit verbreitet.
Wo es hingegen keine
Zweifel geben kann, ist die Ehe, die von Anfang an im Bilde Gottes
als ein lebenslanger Bund von einem Mann mit einer Frau geschaffen
war. Mann und Frau haben gemeinsam die Aufgabe, für die kommende
Generation zu sorgen und die zeitlos gültigen Werte der Bibel
weiterzugeben. So ist das Buch der Sprüche eine Sammlung der
Lebensweisheit König Salomos und anderer weiser Männer, dazu
gemacht, um diese Weisheit der nächsten Generation zu geben. Es
beginnt immer wieder mit den Worten: „Höre, mein Sohn“ und
möchte somit auch Eltern Anleitung geben, was die Werte der Bibel
und damit auch des allwissenden Gottes sind, die der nächsten
Generation weitergegeben werden sollen. Auch im Neuen Testament wird
diese Aufgabe der Familie als Lebens-, Lern- und Arbeitsgemeinschaft
wieder aufgenommen. Kinder haben die Pflicht, ihren Eltern zu
gehorchen. Eltern haben die Pflicht, ihre Kinder zu einem
gottesfürchtigen Leben zu erziehen, ohne sie dabei verbittert zu
machen (Epheser 6, 1 – 4).
Familie im Wandel der
Zeit
Seither hat sich in der
Gesellschaft manches verändert. Ob zum Guten oder nicht, sei
dahingestellt. Doch ist klar, dass wir in unserer Zeit oft anderen
Fragen ausgesetzt sind. Dennoch ist uns auch hier die Bibel der
Maßstab für all unser Handeln. Für die Familie hat sich vor allem
im Zeitalter der Industrialisierung eine Menge geändert. Waren bis
dahin die meisten Familien noch mit Grundbesitz und eigenem Gewerbe
ausgestattet, wurde nun der Beruf immer mehr in die Fabrik verlegt.
Es fand eine Trennung von Familie und Beruf statt. Der Beruf wurde
zunehmend von der Familie abgekoppelt. Durch die Säkularisierung
wurde der Beruf vergötzt – Ehe und Familie war bald nur ein
Anhängsel des im Beruf stehenden Mannes.
Zunehmend wurde auch die
Bildung ausgelagert, öffentliche Schulen wurden zum neuen Vermittler
des Wissens. Auch sie wurden säkularisiert gestaltet. Stammte der
Begriff der Bildung im späten Mittelalter und der Reformation noch
ursprünglich vom „in das Bild Gottes gewandelt werden“ ab (Römer
8, 29), so geht die Erziehung zur Gottesfurcht immer mehr verloren.
Am Ende bleibt eine Ehefrau und Mutter übrig, deren Arbeitsleistung
für Ehe und Familie als wertlos betrachtet wird. Dass die
Tagesstätte, der Kindergarten und die Schule kein Ersatz, sondern
immer nur eine Ergänzung zu einer intakten Familie sei, wird häufig
vergessen. Da in vielen Fällen das Einkommen der ganzen Familie eher
gering war, mussten schon im Zeitalter der Industrialisierung immer
öfter auch Frauen in der Fabrik arbeiten gehen. Daraus entstand ein
neues Selbstverständnis, das in der Frauenrechtsbewegung ab der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Ausdruck kam. Inzwischen hat
sich in unseren Breiten der Staat derart „aufgebläht“ und damit
auch die Last der Abgaben, dass eine Familiengründung immer teurer
wurde. Auch wird durch die lange Ausbildungszeit der Zeitpunkt für
eine solche Familiengründung immer weiter hinausgezögert.
Nicht zuletzt entstand
durch die technische Revolution seit der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts eine immer tiefer werdende Kluft zwischen den
Generationen. Wachsen heute Kinder bereits in jungen Jahren mit
Internet, Handy und Smartphone auf, haben deren Eltern in vielen
Fällen wenig bis keine Ahnung von den Möglichkeiten und Gefahren
der neuen Medien. Mit all diesen Veränderungen ist eine Familie in
der heutigen Zeit konfrontiert. Hier gilt es, für alle Bereiche des
Lebens Antworten zu finden, die den biblischen Werten entsprechen und
gläubige Familien darin zu unterstützen, ein Leben in unserer Zeit
nach dem Wort Gottes zu leben.
Die Gemeinde und die
Familie
Hier ist die Gemeinde gefragt. Am Ende Seiner Tätigkeit auf der Erde
sagte der Herr Jesus: „So geht nun hin und macht zu Jüngern
alle Völker, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes
und des Heiligen Geistes und lehrt sie alles halten, was ich euch
befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende
der Weltzeit! Amen.“ (Matthäus 28, 19 – 20) Einen Jünger
des Herrn Jesus macht also aus, dass er gelehrt wird, alles zu tun,
was Gott ihm befohlen hat. Den Willen Gottes finden wir in den ganzen
66 Büchern des Alten und Neuen Testaments. Somit hat die Gemeinde
den Auftrag, ihren Familien, die ja die Kernzellen der Gemeinde sind,
zu helfen, ihren Alltag, ihre Fragen und Sorgen mit Hilfe von Gottes
Wort zu bewältigen.
Als Gemeinden ist es
wichtig, dass wir die Ehe wertschätzen und zur Familiengründung
ermutigen. Auch heute ist das Psalmwort gültig, dass Kinder ein
Segen sind (Psalm 127, 3). Die Ehe wird in der Bibel oftmals als Bild
gebraucht, um die Liebe und Treue Gottes zu Seiner Gemeinde zu
beschreiben. So haben die christliche Ehe und Familie in unserer
Gesellschaft den Auftrag, Gottes Charakter bekannt zu machen, der
auch angesichts unseres menschlichen Versagens treu, vergebend und
voller Heiligkeit, Gerechtigkeit und Liebe bleibt. Auch in den
Bereichen Erziehung und Bildung kann die Gemeinde Eltern
unterstützen, zum Beispiel mit Seminaren zu diesen Themen. Wichtig
wäre, hierbei auch an die neuen Medien zu denken und Familien in
ihrem Wissen und Umgang damit zu unterstützen. Die Gemeinde hilft
den Eltern also, ihren Erziehungsauftrag gemäß den biblischen
Werten wahrzunehmen.
Viele Gemeinden haben
bereits eine gut funktionierende Kinder- und Jugendarbeit. Diese ist
eine wertvolle Investition in die Familien. Verschiedene
Arbeitsbereiche der Gemeinde möchten den Glauben vermitteln und
Hilfe für den Alltag geben. So lebt die Gemeinde davon, dass in
jeder Generation wieder neue Menschen zum Glauben kommen und sich in
der Gemeinde wiederum in die nächste Generation investieren. In
einer christlichen Jugendarbeit können Kinder und Jugendliche unter
Gleichaltrigen eine Menge fürs Leben lernen.
Ein großer Teil der
Pflegeleistung wird privat in der erweiterten Familie erbracht. Große
Gemeinden können mithelfen, indem die Familien in der Pflege
unterstützt werden. Solche Projekte können natürlich auch über
die Grenzen der eigenen Gemeinde hinaus geplant und durchgeführt
werden. Familie hört nicht dort auf, wo der Rahmen
„Vater-Mutter-Kinder“ überschritten wird. Da wir laut Bibel als
weltweite Gemeinde aller Gläubigen eine große Familie sind, hat
jede und jeder Gläubige Familie. Leider wird dies oft vergessen;
Singles, Alleinerziehende oder auch einsame ältere Menschen werden
als „unvollständig“ betrachtet und so behandelt. Da braucht es
ein Umdenken in unseren Gemeinden: So wäre eine Zusammenarbeit mit
bereits vor Ort bestehenden Jugend- und Familienzentren oder Alters-
und Pflegeheimen möglich. Auch gemeinsame Feiern und Projekte in der
Gemeinde sind Möglichkeiten, um mehr Menschen in das Gemeindeleben
mit einzubeziehen und ihnen zu helfen, sich auch als Alleinstehender
als vollständiger Mensch zu sehen und gebraucht zu wissen. Hier sind
wir gefordert, für einander gegenseitig Verantwortung zu übernehmen
und so in Einheit zu einander zu stehen: Ich bitte aber nicht für
diese allein, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich
glauben werden, auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in
mir und ich in dir; auf dass auch sie in uns eins seien, damit die
Welt glaube, dass du mich gesandt hast. (Johannes 17, 20 – 21)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen