1. Korinther 12, 8 - 11
Griechisch | Deutsch |
8 ω μεν γαρ δια του πνευματος διδοται λογος σοφιας αλλω δε λογος γνωσεως κατα το αυτο πνευμα 9 ετερω δε πιστις εν τω αυτω πνευματι αλλω δε χαρισματα ιαματων εν τω αυτω πνευματι 10 αλλω δε ενεργηματα δυναμεων αλλω δε προφητεια αλλω δε διακρισεις πνευματων ετερω δε γενη γλωσσων αλλω δε ερμηνεια γλωσσων 11 παντα δε ταυτα ενεργει το εν και το αυτο πνευμα διαιρουν ιδια εκαστω καθως βουλεται | Dem einen nämlich wird durch den Geist ein Wort der Weisheit gegeben, einem andere aber ein Wort der Erkenntnis nach dem selben Geist einem anderen aber Glaube in dem selben Geist, einem anderen aber Charismen der Heilungen in dem selben Geist einem anderen aber Wirkungen der Kräfte, einem anderen aber Prophetie, einem anderen aber Unter-scheidungen der Geister, einem anderen aber Arten von Zungenrede, einem anderen aber Auslegungen der Zungenreden, alles dies aber wirkt der eine und der selbe Geist, indem er unterscheidet zwischen den Einzelnen, gerade so wie er will. |
Auslegung:
In der obigen Übersetzung haben wir eigentlich zwei verschiedene griechische Worte immer mit „einem anderen“ übersetzt. Im Griechischen Text steht überall „allos“, außer bei den Gaben des Glaubens und der Zungenrede, dort steht nämlich „heteros“. Das ist zu auffällig, als ob man einfach darüber hinwegsehen könnte. Wenn man dem Unterschied zwischen den beiden griechischen Wörtern nachgeht, so wird vor allem eines klar: Allos meint einfach den Unterschied zwischen zwei verschiedenen Dingen, während heteros etwas Neues in die Reihe hineinbringt, sowie die beiden Gaben, die mit heteros eingeleitet werden, verknüpft. Wenn man sich so Gedanken darüber macht, was das Neue sein soll, das erstens bei den übrigen Gaben nicht vorkommt, aber die beiden Gaben Glauben und Zungenrede ausmacht, so macht es den Eindruck, dass es sich bei den beiden Gaben um Dinge handelt, die jedem einzelnen Gläubigen grundsätzlich offen stehen. Wenn wir die Apostelgeschichte lesen und sie auch wirklich ernst nehmen und von ihr auch für unsere Zeit zu lernen versuchen, so wird schnell einmal klar, dass eigentlich alle, die gläubig wurden, auch sehr bald begannen, in Zungen zu reden. Natürlich ist das nicht bei jeder einzelnen Bekehrung explizit dazugeschrieben, aber das ist ja auch nicht unbedingt nötig. Es steht oft genug da, dass man wissen darf, dass diese Gabe für alle da ist. Wer nun die späteren Verse aus diesem Kapitel zitieren will, um dies zu widerlegen, dem muss ich entgegenhalten, dass es dort weniger um die Gaben, sondern vielmehr um die Ämter geht. Und nicht jeder hat das Amt, mit der Zungenrede als Amt prophetisch (mit Auslegung) der ganzen Gemeinde zu dienen. Vielmehr soll jeder die Gabe der Zungenrede bekommen, um sich selbst erbauen zu können. Dazu aber später mehr. Bei der Gabe des Glaubens gibt es Ausleger, die sich anmaßen wollen, zwischen zwei verschiedenen Gaben des Glaubens zu unterscheiden: einem rettenden und einem wunderwirkenden Glauben. Dies widerspricht jedoch dem gesamten Zeugnis der Schrift. Der Herr Jesus sagte, dass jemand, der einen Glauben wie ein Senfkorn habe, Berge versetzen könne. Hier müssen wir aufpassen, dass wir nicht zu dem Fehlschluss kommen, dass der Herr nur von der Größe dieses Glaubens sprechen wollte. Das ist zwar auch ein Aspekt, wichtiger ist da aber noch die Beharrlichkeit dieses Glaubens: Wo Senf einmal angebaut war, breitete er sich aus und war kaum noch zu stoppen.
Zunächst nennt Paulus das Wort der Weisheit. Weisheit ist ein zweischneidiges Wort. Menschliche Weisheit nennt die Bibel töricht, weil sie zu beschränkt ist, um den ganzen Horizont zu sehen, den Gott sehen kann. Hingegen ist die Weisheit, die Gott gibt, also das Charisma der Weisheit, etwas sehr Gutes. Diese Weisheit nimmt ihren Anfang in der Gottesfurcht (Spr. 1, 7). Ohne Gottesfurcht gibt es keine wahre Weisheit. Weisheit hat sehr oft auch mit der Gotteserkenntnis zu tun. Im Gebet für die Gemeinde im Brief an die Epheser betet Paulus auch um Weisheit, die dazu führen soll, dass sie Gott noch besser kennen sollen. Das Wort der Weisheit hat damit zu tun, dass man anderen Menschen im richtigen Moment die Erkenntnis und die Furcht Gottes nahe bringen kann.
Das Wort der Erkenntnis erwächst auch mit aus dem Wort der Weisheit. Erkenntnis hat aber noch mehr mit der Offenbarung verborgener Dinge zu tun. Manche Dinge sind auch jetzt noch – obwohl sie bereits in der Schrift offenbart wurden – etwas dunkel und unklar. Mit dem Wort der Erkenntnis ist es jemandem möglich, in eine komplexe Situation einer Gemeinde, einer Familie oder einer Einzelperson hinein zu sprechen und verborgene Dinge offenzulegen. So kann es sich manchmal um bestimmte Sünden im Leben von jemandem handeln, und so wie Achan offenbar wurde, der vom ganzen Gottesvolk Segen und Sieg verhinderte, kann auch ein Wort der Erkenntnis hier Abhilfe schaffen.
Die Gabe des Glaubens ist wie oben bereits kurz angesprochen ein besonders beharrliches Festhalten an etwas, das Gott uns versprochen hat. Oftmals benutzt Gott eine Form des prophetischen Dienstes, um in uns den Glauben so zu stärken, dass wir ein Wunder erwarten und dies beharrlich tun. Diese Art des Glaubens ist jedem zugänglich, der bereit ist, Gott ganz nachzufolgen. Doch ist diese Gabe nicht einfach immer da, sodass jedes Wunder automatisch geschehen muss, nur weil jemand mit diesem Glauben da ist. Es gibt auch Fälle, in denen Menschen denken, sie seien sich gewiss und doch passiert nichts. Oft braucht es Geduld und inneres Absterben des alten Menschen, bis eine Veränderung eintritt.
Charismen der Heilungen. Hier fällt auf, dass zwei mal die Mehrzahl steht: Es sind verschiedene Gaben, die verschiedene Arten von Heilungen betreffen. Wenn ein Christ krank ist, so hat er vier Möglichkeiten, die er nutzen sollte, um wieder gesund zu werden. Das erste ist das eigene ernstliche Gebet um Heilung, vielleicht zusammen mit jemandem aus der Familie oder der Gemeinde. Wenn das nichts hilft, so sollte der Gang zum Arzt oder das Einnehmen bereits vorhandener Medikamente der zweite Schritt sein. Wenn auch hier der Erfolg ausbleibt, sollte er sich überlegen, ob er noch unvergebene Sünde in seinem Leben hat und dann von den Ältesten seiner Gemeinde unter Handauflegung und Ölsalbung über sich beten lassen. Und dann gibt es noch ein Weiteres – nämlich diese Charismen der Heilungen. Es gibt Menschen, die haben eine Gabe der Heilungen für eine bestimmte Krankheit bekommen, andere für mehrere, selten aber für alle. Deshalb sind es ja auch verschiedene Gaben. Es braucht in der Gemeinde verschiedene Gläubige mit diesen Gaben der Heilungen, damit nicht einer das Monopol bekommt und dann zum Ober-guru der Gemeinde mutiert.
Wirkungen der Kräfte sind Gaben zu speziellen Wundertaten wie Totenauferweckung, Austreibungen aller Arten von Dämonen, etc. Diese Gaben sind vor allem auch Menschen nützlich, die das Amt des Evangelisten oder des Apostels ausüben. Ich möchte an dieser Stelle den heutzutage üblichen aber sicher nicht biblischen Unterschied zwischen Evangelisten und Missionaren verwerfen. Missionar kommt vom lateinischen Verb mittere und bedeutet senden, aussenden. Das griechische Verb apostello, von dem Apostel abgeleitet ist, hat dieselbe Bedeutung. Somit ist Missionar und Apostel gleichbedeutend, während ein Evangelist richtigerweise sowohl im Heimatland als auch in der Ferne unter anderen Kulturen das Evangelium verkünden kann und soll.
Die Gabe der Prophetie bezeichnet in erster Linie das Reden Gottes in unsere Zeit hinein. Da wir weiter oben aber schon andere Gaben dieser Kategorie genannt bekommen, muss es sich um eine von diesen unterschiedene Gabe handeln. Das griechische Verb, das hinter dem Propheten steht, ist pro-phemi. Phemi bedeutet reden, etwas (aus-)sagen und pro bedeutet für oder vor jemandem oder etwas. Entweder ist die Prophetie als Überbegriff ein Reden im Namen Gottes oder es ist im speziellen Fall ein Vorher-Sagen bestimmter Ereignisse, Handlungen oder Geschehnissen. Da wie gesagt in dieser gesamten Aufzählung auch das Wort der Weisheit und das Wort der Erkenntnis stehen, welche zum ersteren Fall automatisch dazugehören, muss es sich in unserem Fall um Zweiteres handeln. Ein gutes Beispiel dieser Art von Prophetie findet sich in Apg. 21, als Agabus kommt und Paulus auf seine Gefangenschaft vorbereitet. Auch der Herr Jesus ist ein sehr gutes Vorbild für diese Prophetie: Petrus sagte er voraus, dass dieser ihn verleugnen werde; ihm und auch anderen konnte er ihr Ende beschreiben, nämlich dass sie als Märtyrer in die Geschichte eingehen werden.
Unterscheidungen der Geister. Auch über diese Gabe scheiden sich die Geister. Hier steht die Gabe im Zusammenhang mit der Prophetie. Es geht darum, dass jede Prophetie geprüft werden muss. An die Gemeinde der Thessalonicher schreibt Paulus, dass sie den Geist nicht dämpfen sollen, aber dennoch nicht aufhören, jede Prophetie zu prüfen und das Gute zu behalten. Es ist heutzutage traurigerweise in Mode gekommen, möglichst viele „prophetische Worte“ zu empfangen. Manche Menschen scheinen sich nur dann von Gott geliebt zu fühlen, wenn sie „ein Wort vom Herrn“ bekommen haben. Und auf der anderen Seite gibt es unzähliche umherstreunende „Propheten“, die sich keiner Gemeinde verbindlich anschließen wollen, aber in allen Gemeinden ihr Reden als „Worte von Gott“ anpreisen und oft auch auf Knopfdruck für jeden „etwas zu haben“ scheinen. Und gerade auch weil oft solche Prophetien eine bestimmte Veränderung des Lebens entweder voraussagen oder voraussetzen, ist es wichtig, dass sie geprüft werden. Wenn wir also, sobald wir eine solche Prophetie bekommen haben, solange wir noch unsicher sind, ob sie a. in all ihren Details wirklich stimmt und von Gott ist und b. ob sie wirklich für uns bestimmt war, dann zu jemandem gehen, der diese Gabe der Unterscheidung hat, kann der uns helfen und mit uns zusammen vor Gott die Prophetie prüfen. Sinnvoll ist es auch, wenn jemand von den Ältesten diese Gabe hat.
Die Arten von Zungenrede sind die zweite Gabe, die mit heteros statt allos eingeführt wird. Wir haben gesehen, dass sie demnach eine Gabe ist, die für alle offen ist. Sie ist, wie wir später noch im Detail sehen werden, in verschiedenen Formen als Gabe vorhanden. An dieser Stelle möchte ich nur eine kurze Liste machen von allem Wichtigen, was wir über diese Gabe wissen:
-Es gibt Menschen- und Engelssprachen
-Es gibt eine Form, in der wir uns selbst auferbauen
-Es gibt eine Form, in der wir durch eine Auslegung andere in der Gemeinde erbauen
-Es gibt eine Form, in der wir zu Menschen anderer Sprachen verständlich reden
-Es gibt auch ein Singen in Zungenrede (bzw. Zungengesang)
Es ist mir bewusst, dass diese Aussagen für viele umstritten sind. Doch alles hat seinen Platz, deshalb werden all jene Argumente an ihrem eigenen Platz diskutiert und belegt oder entkräftet.
Auslegungen von Zungenrede ist in erster Linie eben NICHT eine Übersetzung einer fremden Sprache, denn es ist eine Geistesgabe, so wie auch lehren, predigen, Prophetie etc. Geistesgaben sind, also damit vom Geist Gottes direkt inspiriert. Diese Form der Zungenrede ist auch prophetisch, wenn sie zusammen mit Auslegung in der Versammlung getätigt wird. Nun kann es vorkommen, dass zwei verschiedene Ausleger dieselbe Zungenrede unterschiedlich auslegen. Das liegt in einer gewissen Freiheit des Geistes begründet. Sie können soweit unterschiedlich sein, wie der Sprachschatz verschiedene Bedeutungen haben kann. Das griechische Wort Pistis bedeutet zum Beispiel zugleich Glaube und Treue, also zwei Dinge, die für uns ziemlich verschiedenes bedeuten. Außerdem kann eine Auslegung sehr wörtlich sein und die andere eher umschreibend. Somit ergibt sich ein gewisser Spielraum für die Auslegung, der aber doch vom Gesamtinhalt an das Ausgesprochene gebunden ist.
Paulus ist hier ganz besonders wichtig, zu betonen, dass es der Geist Gottes ist, der all das wirkt. Nichts von alledem kann mit dem Verstand erfasst werden, denn der Geist geht uns über den Verstand. Und der Geist gibt nach seinem eigenen Wohlgefallen. Wir dürfen ihn aber auch darum bitten, uns für bestimmte Situationen mit den richtigen Gaben auszurüsten. Nach den Gaben zu streben heißt immer auch, darum zu bitten und nicht einfach abzuwarten, ob es ihm vielleicht irgendwann zufällig mal gefällt, uns zu gebrauchen. Wer nämlich so denkt, wird zumeist warten bis er schwarz wird...