Im zweiten Blogpost zum
Thema „Lobpreiskultur - für wen machen wir das eigentlich?“ haben wir gesehen, dass unsere Motive,
unsere Beweggründe für den Lobpreis wichtig sind. Lobpreis zu
leiten ist eine pastorale Aufgabe, und das sollte stets so geschehen,
dass niemand vom Lobpreis ausgeschlossen wird – weder bewusst noch
unbewusst. Hier hat die Auswahl der Lieder eine wichtige Funktion.
Von allen
Lobpreisliedern, die schon geschrieben wurden, sind etwa 2% so gut,
dass sie ein Jahrhundert oder noch länger überdauern können. Viele andere
stehen später zwar immer noch in den Liederbüchern, aber weil sie
niemand mehr kennt, gehen sie dennoch unter. Wir haben heute das
große Vorrecht, auf den Liedschatz der besten 2% der Lieder aus 2000
Jahren Kirchengeschichte zurückgreifen zu können – und zugleich
die Verantwortung, die Lieder unserer Zeit zu prüfen und die besten
2% zu finden. Wir müssen nicht auf jeden neuen Zug aufspringen.
Weniger ist hier oft mehr, denn jedes neue Lied, das gelernt werden
muss, bedeutet für die Gemeinde wieder eine neue Aufgabe, die es zu
bewältigen gibt. Dies ist keinesfalls ein Aufruf, auf neue Lieder zu
verzichten, aber zumindest die Bitte, sich zum Wohl der Gemeinde bei
jedem neuen Lied, das eingeführt werden soll, noch ein zweites und
drittes Mal zu fragen, ob das Lied tatsächlich der ganzen Gemeinde
dient und folgende drei Kriterien erfüllt.
1. Lieder mit
Botschaft und Tiefgang
Das erste und vermutlich
wichtigste Kriterium ist inhaltlicher Art. Es geht um die Theologie,
die hinter einem Text steht. Hat das Lied eine Botschaft? Erzählt es
von der Gnade, von der Größe, Herrlichkeit, Heiligkeit,
Gerechtigkeit und Liebe Gottes? Von der Ewiggültigkeit und absoluten
Zuverlässigkeit der Bibel? Von der Schöpfung und Erlösung? Von der
Reinigung und Heiligung von der Sünde durch den Heiligen Geist? Von
der Sündhaftigkeit des Menschen? Von der Wiederkunft Jesu Christi
als Richter aller Lebenden und Toten? Vom Leben und Auftrag der
Kinder Gottes? Von der Schönheit der Gemeinde?
Nicht jedes dieser Themen
muss in jedem Lied vorkommen, aber es geht im Lobpreis nicht darum,
Jesus als Kumpel von nebenan zu begrüßen und ein wenig auf schöne
Family zu machen. Auch sind Zweizeiler, die 50 Mal wiederholt werden
müssen, um von der Länge her als Lied wahrgenommen zu werden, nicht
gerade besonders tiefgründig.
2. Lieder mit
verständlichen, korrekten Texten
Jeder sollte verstehen
können, was er singt. Das ist zunächst eine Frage der Sprache eines
Liedes. Versteht jede und jeder in der Gemeinde die englische Sprache
so gut, dass man ganze Lieder in jener Sprache singen kann? Da kann
die Situation in einem Jugendgottesdienst schon ganz anders sein. Bei
übersetzten Liedern gibt es wieder etwas zu bedenken: Stimmt denn
der deutsche Text inhaltlich überhaupt noch mit dem englischen
Original überein? Da wäre zum Beispiel das absolut schöne
englische Lied „In Christ Alone“ von Keith Getty und Stuart
Townend.
In der deutschen Version ist ein neues Lied entstanden, das außer
der Melodie kaum noch etwas mit dem englischen Original gemeinsam
hat. Hier wäre allerdings auch nötig, dass die deutsche
Lobpreisszene wachsen kann. Und nicht zuletzt ist auch die
Rechtschreibung eine häufig vernachlässigte Kunst. Doch wird in der
Gemeinde durch falsche Ordokravieh – äh, pardon, natürlich
Orthographie, wem ist es denn aufgefallen? – auch nur eine Person
vom Singen abgehalten, so sind wir wieder unserer Aufgabe, jedem das
Mitmachen zu ermöglichen, nicht gerecht geworden.
3. Lieder mit klarer,
singbarer Melodie und Tonlage
Was der Gemeinde ebenso
beim Mitsingen hilft, ist eine klare, deutliche und singbare Melodie.
Sie sollte innerhalb des singbaren Spektrums liegen. Da auch zu Hause
immer seltener gesungen wird, fehlt am Sonntag bei den meisten
Gottesdienstbesuchern die Übung, die nötig ist, um ein möglichst
großes Spektrum abzudecken. Kenny Lamm bestimmt in einem sehr lesenswerten (englischen) Artikel das ideale Spektrum zwischen dem A
in der tieferen Oktave und dem D eine Oktave höher. Lieder, deren
Spektrum noch weiter auseinandergeht, sind für den
durchschnittlichen Gottesdienstbesucher gar nicht singbar. Wir tun
deshalb auch gut daran, die Lieder so zu transponieren, dass die gesamte
Melodie innerhalb dieses Spektrums bleibt. Zuweilen führt dies zu
komplizierten Akkorden, aber gerade damit können wir wieder zeigen,
dass eine gute Gruppe von Musikern auch das schafft. Professionalität zeigt
sich beim Lobpreis gerade nicht darin, zu zeigen, was andere nicht
können, sondern sich auf die Bedürfnisse der Gottesdienstbesucher
einzustellen und ihnen zu dienen.
Vielleicht wäre es auch an der
Zeit, die guten neuen Lobpreislieder wieder zweistimmig zu
komponieren und zu singen?
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