Eins gleich
vorweg: Ich bin in der glücklichen Lage, zu einer Gemeinde zu
gehören, in welcher ich kaum etwas am Lobpreis auszusetzen habe. Bei
uns sind die Lieder vielfältig, das Spektrum reicht von Martin
Luther und Paul Gerhardt bis zu Hillsong und der OutBreakBand, die
alle gleichwertig nebeneinander stehen und auch in denselben
Gottesdiensten gesungen werden.
Dennoch
fällt mir auf, wie sich in vielen Gemeinden eine Lobpreiskultur
breitmacht, die in eine Richtung geht, die mir zu denken gibt. Ich
möchte deshalb in mehreren Blogposts auf verschiedene Aspekte
eingehen, die mir auffallen und über die ich mit meinen Lesern
nachdenken möchte. Ich bitte bewusst um Mitdenken und um
Rückmeldungen, denn ich bin mir wohl bewusst, dass ich nur von
meiner subjektiven Sichtweise herkommen kann und meine Beiträge
deshalb ergänzungs- und korrekturbedürftig sind.
Aufgefallen
ist mir immer wieder, wie oft es Lobpreiszeiten gibt, in denen nur
wenige Menschen mitsingen. Ich persönlich liebe es, zu singen, ich
bin mit Musik und Gesang aufgewachsen, und für mich ist eine
Lobpreiszeit, bei der ich selbst nicht mitsinge, einfach
unvorstellbar. Doch in manchen solcher Zeiten, wenn man sich
verstohlen umblickt, fällt auf: Da sind bei vielen Liedern gerade
mal noch 25 – 30% der Anwesenden am Mitsingen. Zuweilen noch
weniger. Ich persönlich frage mich da halt, wozu der Lobpreis denn
dann überhaupt noch dienen soll.
Eine wichtige Bibelstelle zum Lobpreis finden wir
bei Paulus im Epheserbrief: Und berauscht euch nicht mit
Wein, worin Ausschweifung ist, sondern werdet voller Geist, indem ihr
zueinander in Psalmen und Lobliedern und geistlichen Liedern redet
und dem Herrn mit eurem Herzen singt und spielt! Sagt allezeit für
alles dem Gott und Vater Dank im Namen unseres Herrn Jesus Christus!
(Epheser 5, 18 - 20)
Hier stellt
uns Paulus den Lobpreis – das gegenseitige Zusprechen von Gottes
Wort durch Lieder und gesungene Psalmen – als etwas vor, was dazu
führen soll, dass wir voll vom Heiligen Geist werden. Hier ist jetzt
kein Platz für eine nähere Ausführung einer „Theologie des
Lobpreises“, auch wenn ich das gerne írgendwann mal in Angriff
nehmen möchte. Aber es wird klar, dass Lobpreis etwas ist, bei dem
alle mitmachen sollen (können). Natürlich auf freiwilliger Basis.
Aber es soll zumindest niemand davon ausgeschlossen werden.
Natürlich:
Wir schließen nie jemanden bewusst davon aus, das ist klar. Jeder
darf mitmachen. Und doch werden manche Leute unbewusst
ausgeschlossen, und zwar leider ziemlich schnell und häufig. Da mich
das Thema schon seit Längerem beschäftigt, war ich natürlich sehr
interessiert, als mir auf Facebook gleich von mehreren Freunden der
folgende Artikel von Thom Schultz empfohlen wurde:
http://holysoup.com/2014/05/21/why-they-dont-sing-on-sunday-anymore
Thom Schultz
beschreibt in diesem Artikel seine Probleme, die er mit der heutigen
Lobpreiskultur hat. Ich kann diese vier Gründe vollkommen
unterschreiben – auch wenn ich denke, dass sie mehr an der
Oberfläche kratzen. Deshalb werde ich noch in weiteren Posts etwas
tiefer graben. Aber für den Anfang wäre schon viel erreicht, wenn
man sich mit diesen vier Punkten auseinandersetzt und daran etwas
ändert. Hier also Thoms vier Punkte in meinen Worten (es ist keine
wörtliche Übersetzung des Textes) zum Teil mit meinen persönlichen
Anmerkungen dazu:
1. Alles
Show oder was?
Thom
bemängelt, dass der Lobpreis in vielen Gemeinden schon als Show
aufgebaut ist – wie ein Konzert. Das Lobpreis-Team macht eine Show,
der Rest besteht aus erwartungsvollen Zuschauern, die sich auf das
freuen, was ihnen geboten wird. Die Band wird im Rampenlicht gut
inszeniert, der Rest sitzt im Dunkeln.
2. Die
Professionalität
In etwas gut
zu sein ist nichts Verwerfliches. Im Gegenteil – es ehrt Gott. Aber
gerade beim Lobpreis – zumindest wenn man sich wünscht, dass die
Leute mitsingen – ist weniger oft mehr. Es geht darum, gut zu
spielen, keine Fehler zu machen, aber nicht, sich und sein Können
ins Zentrum zu rücken.
3. Der
Lärm
Die
Lautstärke wird oft so hochgedreht, dass die Leute ohne Mikrophon
ihre eigene Stimme nicht mehr hören können. Das ist frustrierend.
Weshalb also noch mitsingen? Hier kommt oft eine Frage der Technik
ins Spiel. In großen Räumen ist es schwierig (und teuer), die Musik
so zu verstärken, dass man sie zugleich überall hören kann, ohne
dass es zu laut ist. Das ist auch wieder eine Frage an das
Gemeinde-Budget und die Professionalität der Techniker. Dennoch
sollte die Lautstärke immer so dosiert sein, dass man sich selbst
noch singen hören kann.
4. Die
Auswahl der Lieder
Viele Lieder
sind schwierig zu singen. Andere Lieder sind unbekannt. Der Großteil
der Lieder in einer Lobpreiszeit sollte bekannt sein. Wenn neue
eingeführt werden, dann eher selten und nicht zu häufig
hintereinander. Und unbedingt auch darauf achten, dass sie in einer
singbaren Tonlage sind. Ich merke selbst, dass sich das Spektrum der
Töne verringert, seit ich nicht mehr regelmäßig im Chor sondern
nur noch in der Gemeinde singe. Lieder müssen von der Gemeinde
gelernt werden. Und manchmal gibt es auch Lieder, die einfach
inhaltlich derart flach und leer sind, dass man sie besser gar nicht
erst ins Repertoire aufnimmt. Zum Thema Liedauswahl werde ich
voraussichtlich mal noch einen extra Blogpost machen.
So weit die
vier Punkte von Thom Schultz. Alle vier habe ich schon öfter als oft
erlebt, und alle vier sollten möglichst eliminiert werden, um den
Menschen die Freiheit zu lassen, mitzusingen. Ich habe lange darüber
nachgedacht, woher die Sache mit der Lobpreis-Show kommt. Hier meine
Theorie: Viele Menschen genießen es, auf christlichen Konferenzen
und ähnlichen Events zu sein. Sie kommen von diesen Events zurück
in eine „normale“ Gemeinde, in denen solche „Event-Kicks“
fehlen. Einige meiden deshalb die örtlichen Gemeinden, weil diese
das nicht bieten können. Also „müssen“ nun die sonntäglichen
Gottesdienste auch zu solchen „Events“ werden. Professionelle
Musik, emotionaler Kick und mitreißende Botschaft. Außerdem lassen
sich Menschen mit Musik im Hintergrund viel besser zu einer
Entscheidung bewegen – weil sie psychisch manipuliert sind. Hier meine Anfrage: Brauchen
wir das echte (und oft sehr stille) Wirken des Heiligen Geistes
tatsächlich durch Manipulation ersetzen?
Auf Deine
Nachfragen, Antworten und weiteren Gedanken freue ich mich!
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