Gegen Ende des letzten
Jahres habe ich mir folgende Frage gestellt: Die letzten 12 Jahre
habe ich die Bibel jedes Jahr einmal ganz durchgelesen in meiner (oft
nicht grad allzu stillen) „Stillen Zeit“. Verschiedene Versionen
von Bibelleseplänen habe ich dazu genutzt, aber irgendwie habe ich
mal nach was ganz Neuem gesucht. Beim Googeln bin ich dann auf einen
englischen Artikel von Fred Sanders auf Patheos gestoßen, der das
Buch von James Gray „Mastering The English Bible“ vorstellt
(inzwischen scheint der Artikel bereits im Nirvana angelangt zu sein – allerdings lässt er sich
über die „Wayback Machine“ noch abrufen).
Die Idee dahinter fand ich sehr spannend, so habe ich mir das Buch
von Gray gleich mal als PDF (Link)
heruntergeladen und gelesen.
Wer war James Gray?
James Martin Gray (1851 -
1935) war Pastor, Bibellehrer, Autor, Dozent und Präsident des Moody
Bible Institute in Amerika. Nebst den 25 Büchern, die er schrieb,
hat er auch einige Kirchenlieder verfasst. Er arbeitete lange Zeit
mit dem Evangelisten Dwight L. Moody zusammen. Über die Entdeckung
„seiner“ Methode des Bibellesens schreibt er:
„Die erste
praktische Hilfestellung, die ich je bekommen habe, um die englische
Bibel zu meistern, stammt von einem [theologischen] Laien. Wir waren
gemeinsam Besucher einer bestimmten christlichen Konferenz oder
Zusammenkunft und für ein paar Tage zusammengewürfelt, und ich sah
in seinem Leben als Christ etwas, was für mich vergleichsweise fremd
war: Ein Frieden, eine Ruhe, eine Freude, ein geistliches
Gleichgewicht, womit ich nur wenig Erfahrung hatte. Eines Tages wagte
ich ihn zu fragen, wie er denn zu dieser Erfahrung gekommen sei. Er
antwortete: „Indem ich den Brief an die Epheser gelesen habe.“
Ich war erstaunt, denn ich hatte ihn gelesen, ohne zu diesem Resultat
zu kommen, und deshalb bat ich ihn, mir die Art und Weise, wie er ihn
gelesen habe, zu erklären, als er folgendes berichtete: Er war dann
und wann aufs Land gegangen, um dort den Samstag mit seiner Familie
zu verbringen, als er eine Taschenausgabe des Epheserbriefs dabei
hatte, und am Nachmittag, als er in den Wald ging und unter einen
Baum lag, begann er zu lesen; er las ihn in einem Zug durch und fand
sein Interesse erwacht, und las ihn gleich noch einmal auf dieselbe
Art, und unter zunehmendem Interesse wieder und wieder. Ich glaube er
fügte hinzu, dass er ihn etwa 12 oder 15 Mal durchlas: „Und als
ich aufstand, um ins Haus zu gehen“, sagte er, „war ich im Besitz
des Ephesebriefs, oder, besser gesagt, er war im Besitz von mir, und
ich war 'hochgehoben um an himmlischen Örtern zu sitzen in Christus
Jesus' in einer Weise, die auf Erfahrung gegründet war, wie das
zuvor noch nicht so mit mir war, und es wird nie wieder aufhören, so
zu sein.“ Ich gebe zu, dass mein Herz voll Dankbarkeit zu Gott war
für das erhörte Gebet, als ich diesem einfachen Vortrag zuhörte,
ein Gebet seit Monaten, wenn nicht seit Jahren, dass ich erfahren
möge, wie man Sein Wort meistern kann. Und doch, gleichzeitig zu
dieser Dankbarkeit kam auch die Demütigung hinzu, dass ich ein so
einfaches Prinzip zuvor noch nicht entdeckt hatte, welches ein Junge
von zehn oder zwölf Jahren hätte kennen können. Und daran zu
denken, dass ein „ordinierter“ Pfarrer zu den Füßen eines
[theologischen] Laien sitzen muss, um das wichtigste Geheimnis seines
Handwerks zu lernen!“ (James M. Gray, How To Master The English
Bible, S. 17ff, Übersetzung von mir)
Worum geht es bei
seiner Methode?
Das Wichtigste der
Methode ist damit erklärt. Normalerweise wird man dazu angeleitet,
die Bibel Buch für Buch durchzulesen und dann wieder vorne
anzufangen. Gray schlägt jetzt auch vor, vorne anzufangen, aber das
erste Buch der Bibel nicht nur einmal, sondern gleich 20 Mal zu
lesen, bevor das zweite Buch dran kommt. Gray gibt ein paar Regeln zu
diesem Lesen:
1. Fang vorne an, beginne
dort zu lesen, wo Gott mit Schreiben begonnen hat.
2. Lies das Buch. Es
kommt nicht auf unsere Geschwindigkeit an, sondern einfach darauf, es
zu lesen.
3. Lies das Buch
fortlaufend. Immer weiter. Manche Bücher können auch in einzelne
Abschnitte geteilt werden, die das Lesen erleichtern.
4. Lies das Buch immer
und immer wieder. Gray schlägt 20 Wiederholungen vor. Dies scheint
mir sinnvoll zu sein.
5. Lies das Buch
unabhängig von Kommentaren, Erklärungen und Ähnlichem. Fremde
Hilfe ist in dem Fall immer nur wie eine Krücke, die uns von anderen
abhängig macht.
6. Lies das Buch unter
Gebet. Das ist die wichtigste Regel für Gray. Das ernnsthafte Suchen
Gottes im Gebet hilft uns, das jeweilige Buch der Bibel vom Heiligen
Geist erleuchtet zu lesen.
Was sind meine
bisherigen Erfahrungen damit?
Auch wenn ich eine
absolute Leseratte und ein großer Bibelfreak bin, hat mich eine
Sache daran etwas erschreckt, und ich denke, dass dies für die
meisten Menschen das größte Hindernis ist: Ganz vorne anzufangen,
mit einem Buch, das 50 Kapitel lang ist. Bei 20 Wiederholungen macht
das alles insgesamt 1000 Kapitel, was bedeutet, dass man bei einem
Durchschnitt von 3 Kapiteln pro Tag fast ein ganzes Jahr im 1. Buch
Mose verweilt. Bevor ich mich an ein solch großes Unternehmen wagte,
wollte ich die Sache erst mal in Ruhe testen. So habe ich das erste
Halbjahr von 2014 damit verbracht, kurze Bücher der Bibel nach
dieser Methode zu lesen. Aus dem Neuen Testament die Johannes- und
Petrusbriefe sowie Titus und die zwei an Timotheus, aus dem Alten
Testament Ruth und einige der 12 „kleinen Propheten“, immer abwechselnd
eines aus dem Alten und eines aus dem Neuen Testament.
Wer sich also auch fragt,
ob sich das lohnen würde, dem empfehle ich, das Projekt so
anzugehen. Welche Bücher man sich zu „Testzwecken“ aussucht, ist
eine persönliche Geschmackssache. Für den Anfang lohnt es sich, mit
kürzeren zu beginnen, da man die Schwierigkeiten auf diese Weise
schneller ausfindig machen kann.
Was sind die
Schwierigkeiten? Es ist ein großes Projekt, für das man sich einige
Jahre (ich rechne bei mir als jemand, der schnell, gerne und viel
liest, 15 Jahre für das gesamte Projekt. Das ist ein ehrgeiziges
Ziel, da dies im Durchschnitt 4 Kapitel pro Tag zu lesen bedeutet.
Wer langsamer liest, sollte wohl eher mit 20 – 25 Jahren rechnen.
Ebenso kommt man immer wieder an einen Punkt, an dem das Lesen
schwierig wird. Es wird anstrengend. Man fragt sich: „Wie oft denn
noch?“ In diesen Momenten ist es wichtig, dran zu bleiben und
weiter zu lesen. Wieder und wieder und noch einmal. Hier ist
Disziplin und ein gewisses Maß an Selbstbeherrschung nötig.
Mein persönliches
Fazit
Meine bisherigen
Erfahrungen damit sind sehr gut. Es ist sehr hilfreich, über längere
Zeit in ein und demselben Buch der Bibel zu „wohnen“ und zu
bleiben. Ich werde das Projekt ab dem Juli diesen Jahres starten. Ich
bin gespannt, wie es laufen wird und was dabei herauskommt. Das 1.
Buch Mose werde ich in folgenden Teilen lesen: 1. Mose 1–11
(Urgeschichte), 1. Mose 12–25 (Abraham), 1. Mose 26-35 (Isaak und
Jakob) und 1. Mose 36-50 (Joseph). Ich werde mir für das „Zählen“
der Leserunden eine Tabelle zum Abhaken / Ankreuzen machen. Falls
Interesse besteht, kann ich diese auch zum Download bereitstellen.
Was hältst Du nach dem
Lesen diesen Beitrags von der Idee? Wenn es die (momentan eher
knappe) Zeit erlaubt, werde ich ab und zu mal wieder von den
Ergebnissen berichten.
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