Gerade
lese ich unter anderem den Roman „Middlemarch“ von George Eliot.
Auch einzelne Romane der Geschwister Bronte („Sturmhöhe“ von
Emily und „Jane Eyre“ von Charlotte Bronte) oder manche Romane
von Jane Austen, oder von den russischen Schriftstellern Dostojewski
und Tolstoi haben meine vergangenen Lesemonate bereichert. Heute
möchte ich meine wichtigsten Gründe aufzählen, weshalb ich diese
Romane ganz besonders genieße – im Vergleich zu den meisten
zeitgenössischen Romanautoren.
1.
weil es ganz einfach Klassiker sind.
Ein
Buch wird nicht einfach ohne Grund zu einem Klassiker. Klassiker –
auch wenn über deren genaue Definition gestritten wird – sind
Bücher, welche über Generationen und verschiedene Kulturen hinweg
Bestseller sind. Klassiker haben den Test der Zeit bestanden und sind
daher zeitlos, obgleich sie natürlich einer Zeit und Kultur
entstammen. Die Zeit ist ein guter Richter über Bücher: Nur das
Beste vom Besten behält den Platz unter den Bestsellern, während
viel Neues das weniger Gute verdrängt und seinerseits wieder dem
Test der Zeit unterworfen werden.
2.
weil sie wie Zeitreisen sind.
Gut,
das könnte man von jedem älteren Buch sagen. Aber da ich nicht die
Zeit habe, um jedes davon zu lesen, beschränke ich mich gerne
vorerst mal auf die Besten der Besten aller Zeiten. Beim Lesen der
Klassiker fühle ich mich in eine andere Zeit versetzt und lerne über
meinen beschränkten Horizont des 21. Jahrhunderts hinauszuschauen.
Ich lerne typische Charaktere, Gewohnheiten, Einschränkungen und
Vorteile anderer Zeitalter kennen. Mit den Klassikern brauche ich
zumindest für die Vergangenheit keine Zeitmaschine.
3.
weil Helden und Tugenden statt Opfermentalität zählen.
Unsere
Zeit hat Angst vor Helden mit eisernen Grundsätzen und
kompromisslosem Handeln. Deshalb ist die Literatur unserer Zeit voll
langweiliger Antihelden geworden, die letztendlich mit ihrer
Opfermentalität punkten wollen. Nicht die Tugend zählt mehr, nicht
der Charakter, sondern die Geschichte, die den Einzelnen zum Opfer
macht. Da sind mir die älteren Klassiker viel sympathischer und auch
für das heutige Leben viel lehrreicher und positiver.
4.
weil sie unterschwellig oft voll von bissigem Sarkasmus und Satire
sind.
Heutige
Satire ist meist so offensichtlich und klar erkennbar; in den
Klassikern muss man erst danach suchen und wird dafür dann umso mehr
belohnt. Jane Austen etwa ist eine Meisterin den unterschwelligen
Sarkasmus und einer satirischen Schreibweise. Im wohl bekanntesten
Roman „Stolz und Vorurteil“ wird die damalige Erwartung, welche
die Gesellschaft an Frauen und deren Haltung zur Ehe hatte, aufs Korn
genommen. Jede Frau, so erwartete es die Gesellschaft, will nur
möglichst reich heiraten, um finanziell abgesichert zu sein. Für
Männer hingegen zähle einzig der Schein, wie sie von der Umwelt
wahrgenommen werden.
5.
weil sie oft enorm bibelgetränkt sind.
Mich
hat schon oft erstaunt, wie viel von der Bibel und vom Glauben in
diesen Klassikern vorkommt – und nicht mal unbedingt immer so
positiv, aber wirklich häufig. Manche arbeiten sich am Glauben ihrer
Zeit ab, wie etwa bei George Eliot, andere wie Dostojewski hingegen
sehr positiv. Austen hatte ein gemischtes Gefühl dem Glauben
gegenüber, was sich auch in ihren Romanen niederschlug. Aber alle
entstammen Zeiten, Orten, Kulturen und Gesellschaftsschichten, die
vom christlichen Glauben geprägt sind, und das merkt man.