Freitag, 27. Februar 2015

Je suis moi-même – ich bin ich selbst!

Erst ist man „Charlie“, etwas später ist man „Niger“, dann ist man auch noch „Juif“ und plötzlich ist man jede Woche etwas Neues. Zunächst mal so viel: Es ist wichtig, dass man sich mit den Dingen auseinandersetzt, die Tag für Tag in der Welt geschehen. Gerade als Christ habe ich den Auftrag: „Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden!“ (Römer 12, 15) Das ist ein ganz dringender Auftrag, ein Befehl Gottes, der an mich persönlich gerichtet ist. Mich berührt es deshalb zutiefst, wenn ich vom Pariser Attentat oder dem Terror durch Boko Haram oder die Verfolgungen und Brandstiftungen im Niger lese. Das geht mir nahe.

Und ich bin gerade deshalb, weil es mir nahe geht, auch schnell versucht, Solidarität ausdrücken zu wollen. Das geht ganz schnell, indem ich mein Profilbild auf Facebook wechsle und den Hashtag „#JeSuisCharlie“ benutze. Dann gehöre ich auch dazu. Dann darf ich mich zu der großen Menge der Empörten zählen. Dann hab ich was Gutes getan, ich bin ein Held, ich kämpfe gegen das Unrecht. Ich habe „meine Stimme erhoben“.

Täglich bekomme ich im Schnitt etwa zwei bis drei eMails, die von mir wünschen, dass ich eine Petition unterschreibe. Ich habe im Thunderbird inzwischen einen Spezialordner eingerichtet, in dem alle Online-Petitionen via Schlagwortsuche automatisch abgelegt werden. Etwa einmal im Monat überfliege ich die Themen der Petitionen und lasse rund 99% davon im Mülleimer landen. Man darf sich jetzt über mich aufregen, das ist ok. Wer ein Ventil braucht, um seine Wut verdampfen zu lassen, darf auch die Kommentarfunktion meines Blogs nutzen. Allerdings werden Hasstiraden etwa in ähnlichem Abstand wie der Petitionsordner aussortiert.

Ich glaube, Emotionen sind etwas ganz Wichtiges, Wertvolles, Gottgewolltes. Ein Geschenk, das es wert ist, dass wir es hüten und pflegen. Und dazu zähle ich nicht nur die „positiven“ Emotionen. Auch Zorn ist etwas durch und durch Gottgewolltes – genauso wie die Freude auch. Zorn ist eine ganz wichtige – und nur zu häufig vernachlässigte – Eigenschaft Gottes. Gottes Zorn richtet sich gegen die Sünde. Gott hasst die Sünde und deshalb ist Er zornig auf die Sünde. So zornig, weil uns die Sünde von Ihm trennt. Weil sie uns hässlich macht in Gottes Augen. Weil sie uns zerstört.

Und wegen dieser Sünde, die uns hässlich und kaputt macht, ist Jesus Christus auf die Welt gekommen. Er war ebenso zornig auf die Sünde. So zornig, dass Er eine Peitsche aus Seilen machte und damit die Leute aus dem Tempel verjagte, die mit der Sünde der anderen Menschen ein großes Geschäft machten. Der grausame Tod Jesu am Kreuz von Golgatha hat uns in Gottes Augen wieder sauber und schön gemacht. Wenn wir zu Jesus Christus gehören, dann sieht Gott – wenn Er uns anschaut – nicht uns sündige Menschen, sondern Er sieht Jesus Christus. Weil wir in Jesus Christus verborgen sind.

Und deshalb glaube ich, dass Zorn etwas Heiliges ist. Ich meine damit nicht die Wut im Bauch, wenn man neidisch zusieht, wie der Nachbar schon wieder ein neues Auto in der Garage hat. Heiliger Zorn ist eine Antriebsfeder, die uns dazu bringen soll, gegen die Sünde in der Welt zu kämpfen. Als Christen kämpfen wir vor allem mit dem Evangelium gegen die Sünde. Gottes Reich wird dort gebaut, wo Menschen das Evangelium von Jesus Christus hören und zum Glauben kommen. Dort, wo immer mehr Menschen zum Glauben kommen und sich bewusst unter den Gehorsam unter Gottes Wort stellen, nimmt auch in der ganzen Umgebung die Sünde ab. Zeiten der Erweckung werden zum Beispiel dadurch charakterisiert, dass viel weniger Alkohol getrunken wird und es deshalb weniger Schlägereien und Unfälle gibt. Wo immer mehr Menschen zum Glauben kommen, nimmt die Zahl von Ehescheidungen, von Prostitution und Abtreibung automatisch ab. So breitet sich Gottes Reich durch das treue Verkündigen des Evangeliums aus. Das ist die echte Art der biblischen Gesellschaftstransformation.

Immer mehr Gemeinden kommen jedoch davon ab und versuchen, als Gemeinde Politik zu machen. Das ist nicht biblisch, weil es nicht die primäre Aufgabe der Gemeinde ist, Politik zu treiben. Es ist natürlich die Aufgabe der einzelnen Gemeindeglieder, die in der Politik tätig sind (oder werden möchten), nach biblischen Maßstäben fürs Zusammenleben in der Gesellschaft zu suchen. Das ist die indirekte Art der Gesellschaftstransformation, die aber nicht der Gemeinde als solcher gegeben ist.

Ok, zurück zu Charlie Hebdo und Co. Ich glaube, wie gesagt, dass echter Zorn etwas Heiliges ist, was uns antreiben sollte. Und hier möchte ich meinen Zorn nicht durch ein billiges Substitut ersetzen. Ich meine das so: Ich könnte mein Profilbild wechselb und mich in die riesige Masse der Charlie-Hebdos begeben. Dann habe ich etwas getan. Ich habe einen Einsatz gebracht. Ich habe meine Stimme erhoben. Ich fühle mich wieder gut (oder zumindest besser), weil mein Zorn ein Ventil gefunden hat. Aber mein Zorn gegen die Sünde, die unsere Welt beherrscht, möchte ich nicht für einen Teller des Linsengerichts verscherbeln. Er ist mir heilig. Er soll mich anspornen, soll meine Antriebsfeder sein, um in dieser Welt mehr zu bewegen. Ich hege und pflege ihn. Deshalb bin ich nicht Charlie. Ich bin immer noch ich selbst. Und das ist gut so.

Ich glaube, dass es mit der politischen Einflussnahme mancher Gemeinden ähnlich verhält. Das Evangelium treu zu verkünden bringt keine schnellen Erfolge. Manchmal braucht es Jahre und Jahrzehnte, bis man etwas sehen kann. Aber diese langsamen Erfolge sind erwiesenermaßen größer und wertvoller. Sie bleiben für die Ewigkeit. Das ist es, wofür mein Herz brennt und wofür mein heiliger Zorn gepflegt werden soll.


Montag, 23. Februar 2015

Die neue Absolutheit



Das Ende der Postmoderne
Obiges Bild habe ich erstellt, um etwas zynisch auf das Ende der Postmoderne hinzuweisen. Seit einigen Jahren beschäftigt mich die Diskussion um die Postmoderne schon, und ich sehe sie in der Gesellschaft immer mehr schwinden. Zunächst ganz kurz: Was ist die Postmoderne? (Man möge mir die fehlende Ausführlichkeit verzeihen, welche es mir unmöglich macht, auf alle Aspekte einzugehen). Die Postmoderne ist eine Bewegung, die aus der Moderne heraus entstanden ist und sich zugleich gegen diese wendet. Hier die wichtigsten Kennzeichen:

Begriff
Moderne
Postmoderne
Vernunft
Letzte Autorität, führt zum Fortschritt
Es gibt keinen Fortschritt. Alles ist gleich gültig und deshalb gleichgültig.
Einheit
Suche nach der Einheit, die alles zusammenhält
Es gibt keine Einheit, nur Vielfalt, wobei alles gleichwertig ist.
Wahrheit
Suche nach der Wahrheit, die mit Hilfe der Vernunft gefunden wird
Es gibt keine Wahrheit, sondern so viele Wahrheiten wie es Kulturen gibt
Sprache
Sprache beinhaltet die Möglichkeit, die Realität adäquat wiederzugeben
Sprache wird dazu missbraucht, um sich die Welt so zu schaffen, wie es einem gefällt und andere damit zu unterdrücken

Die Postmoderne ist aufgekommen, weil die Moderne – der Versuch, die ganze Welt mit Hilfe der Vernunft zu erklären und zu verbessern – gescheitert ist. Zwei Weltkriege mit ihren Abermillionen von Toten haben gezeigt, dass das Projekt Moderne am Ende angelangt ist. Die Moderne war der Versuch, das Übernatürliche aus der Welt auszuschließen und alles im Bereich des Natürlichen zu erklären.

So hat mit der Krise der Weltkriege die Veränderung von der Moderne zur Postmoderne begonnen. Dann kam der Gedanke auf, dass die Welt bestimmt viel friedlicher würde, wenn niemand mehr Wahrheit und Autorität vertreten, sondern man mit Stuhlkreisen und runden Tischen mit viel Toleranz das Gespräch suchen und den Kompromiss finden würde. Doch dieses Denken blieb bei einer Elite von Philosophen und Pädagogen, da sich das Leben nicht im Elfenbeinturm universitärer Arroganz, sondern in der harten Realität abspielt. Spätestens Spätestens wenn jemand nach seinem Einkauf die PIN seiner Karte eingeben muss, wird auch der Postmoderne zwingend zu einem Realisten, sonst müsste er verhungern.

Doch dann kam die nächste Krise, die der Postmoderne schwer zu schaffen machte: Nicht nur hatte sie die Realität gegen sich, sondern eines Tages fielen die Zwillingstürme in New York in sich zusammen. Das war nicht nur ein Angriff auf die USA, sondern ein Angriff auf die westliche Welt, auf die Demokratie, auf die Gesellschaft, welche postmodern geworden war. Auch hier gab es ein Zusammentreffen mit der Realität: Wenn es um viele Menschenleben geht, wenn die eigene Existenz in Frage gestellt wird, dann wird es auch im Elfenbeinturm ungemütlich.

Der Neue Atheismus
Eine Bewegung, die auf diesen Angriff in den USA folgte, war der Neue Atheismus. Er war es, der mich immer mehr zum Nachdenken über die Postmoderne gebracht hat. Der Neue Atheismus ist erfrischend gesprächsfreudig und gibt immerhin eine Basis, auf welcher man sich mit ihm unterhalten kann: Im Normalfall geht er davon aus, dass die Welt um einen herum real ist und nicht nur ein gesellschaftliches Konstrukt. Man kann zwar mit einem Postmodernen wunderbar kontemplativ schweigen (habe ich mir sagen lassen), aber da ist mir das Gespräch mit einem New Atheist deutlich lieber. Leider baut der New Atheism immer mehr auf Aggressivität und Polemik statt auf Argumente, was aber auch damit zusammenhängt, dass häufig Zweiteres mangelhaft ausgebildet ist.

Immer mehr macht sich auch ein neuer Realismus breit. Ron Kubsch hat auf TheoBlog ein paar wichtige Veröffentlichungen dazu besprochen. Vielen Dank für den wichtigen Beitrag, Ron! Der Realismus besagt (wieder sehr stark vereinfacht), dass die Welt um uns herum real ist und wir sie korrekt (nicht vollständig, aber doch adäquat) erfassen und wiedergeben können. Die Frage, ob zuerst die Realität oder zuerst unsere Vorstellung von der Realität da ist, die ist so alt wie die Philosophie selbst und tauchte häufig unter ganz unterschiedlichen Namen und Fragestellungen auf.

Die Gemeinde und der Tod der Postmoderne
Zum Abschluss ein paar Gedanken zur Zukunft der Gemeinde im Zeitalter dieses neuen Realismus. Ich glaube es ist wichtig, dass wir jetzt beginnen, darüber nachzudenken. In vielen postmodernen Gemeinden werden die Glieder mit oberflächlichen, emotionalen Geschichtlein abgespeist. Um geistlich nicht zu verhungern, suchen sie zu tausenden ihre Nahrung im Internet, wo sich nebst einigem Nahrhaftem auch viel Unkraut aufhält. Für den Postmodernen war es weniger wichtig, ob sich eine biblische Geschichte tatsächlich so abgespielt hat. Auf diese Weise hat sich eine ganze Menge an frommer Bibelkritik in ehemals bibeltreue Gemeinden geschlichen. Wenn wir die Herausforderung des Neuen Realismus annehmen, wird eine neue Zuwendung zur absoluten Wahrhaftigkeit und zur Irrtumslosigkeit der Bibel nötig sein. Anderenfalls wird sich die postmoderne Gemeinde in Irrelevanz verflüchtigen.

Weiter wird eine vertiefte Auseinandersetzung mit den tiefgründigen biblischen Lehren nötig sein. Der christliche Realist will die ganze Wahrheit in ihrer Breite und Tiefe kennen. Hier wird ein neuer Schwerpunkt in Systematischer Theologie und Apologetik gebraucht. Das führt aber auch zu neuen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Denominationen. Deshalb wird hier eine neue konstruktive Streitkultur gebraucht. Was ein Martin Luther in seinen Disputationen gemacht hat, wird es auch heute wieder ganz neu brauchen. Von diesem großen Gottesmann (er war keineswegs perfekt, sondern mit ganz vielen Ecken und Kanten und auch manchen Irrtümern) können wir viel lernen.

Drittens muss der christliche Glaube einen Schwerpunkt auf seine Ganzheitlichkeit legen. Wer sein Leben mit dem Herrn Jesus lebt, dem gehört kein einziger Teil seines Lebens mehr ihm selbst, sondern alles gehört Jesus. Jesus ist der König, der Herrscher, Richter und Erlöser aller Bereiche des Lebens. Das führt auch zu einem neuen Schwerpunkt auf der persönlichen Heiligung. Ein Leben ganz zur Ehre Gottes. Ein Leben, das in aller Gleichgültigkeit einen Unterschied macht. Ein Leben, das die Gesellschaft herausfordert. Ein Leben, dessen Denken, Fühlen, Wollen, Reden, Tun unter Gottes Wort gestellt wird. Tag für Tag neu. Das ist eine Herausforderung, die mich begeistert. Dich auch?

Dienstag, 17. Februar 2015

Neues Epos von Homer aufgetaucht!

Bei kürzlichen Ausgrabungen in Athen wurde ein weiteres Heldenepos des griechischen Dichters Homer gefunden. Unter dem Titel „Die Varoufakissee“ (Βαρουφάκισσεια) berichtet der berühmte Autor über die Irrfahrten des griechischen Helden Giannis Varoufakis. Nach dem heldenhaften Sieg über Troja machte sich Varoufakis auf den Weg und landete dann nicht etwa in seiner Heimatstadt Athen, sondern zuerst einmal in England, wo er nach Londinium kam. Somit kann endlich auch die Entstehung der Stadt London besser datiert werden, meinte ein Europa-Historiker. Bisher ging man davon aus, dass die Hauptstadt erst seit knapp 2000 Jahren bestehe.
Doch damit nicht genug: Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Londinium ging es weiter auf den kleinsten Kontinent – das heutige Australien. Auch dort erlebte er einige Abenteuer. Doch schon bald machte er sich wieder auf den Weg, bis er endlich wieder in seine Heimat Griechenland kam. Nach einiger Zeit und weiteren Reisen stellte er fest, dass sein geliebtes Griechenland gar nicht mehr das freie, stolze, starke Land war, das er von einst noch kannte. Vielmehr hatte sein Land große Schulden und litt unter starker Überwachung durch die umliegendes Länder von Europa. Da alle wussten, welch ein Held Varoufakis war, wählte man ihn und sandte ihn in alle Länder, um sich eine gute Kriegslist auszudenken.
Leider endet das in Athen gefundene Fragment an dieser Stelle. Archäologen hoffen, dass man bald weitere Teile finden könne, die helfen würden, das ganze Epos zu rekonstruieren und verwenden viel Mühe, um bei ihren Ausgrabungen voranzukommen. Da Homer immer wieder für Überraschungen gut ist, kann sich für diesen Fall durchaus eine andere Lösung als ein hölzernes Pferd anbieten. Manche vermuten, der Titelheld würde alle Beteiligten so lange warten lassen, bis sie überstürzt zu handeln und Fehler zu machen begännen. Doch sicher ist noch nichts – bis man den Rest der Fragmente findet, oder die Echtheit des Epos widerlegt hat.